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PES 2016 gibt sich ausgeruht, dynamisch und mit viel Freude am Fußball

Der so wichtige Online-Test steht noch aus, doch bisher überzeugt Konamis Jubiläums-PES.

Bevor wir loslegen, noch eine Warnung am Rande: Wer PES 2016 auf dem PC spielen will, muss sich unbedingt bewusst sein, dass diese Version offensichtlich der Last-Gen-Fassung gleicht wie ein Ei dem anderen. Wer die wahre Next-Gen-Version spielen will, muss zur PS4- oder Xbox-One-Ausgabe greifen, die auch Grundlage dieses Ersteindrucks ist. Das bestätigen Berichte im Netz ebenso wie die Eindrücke befreundeter PC-Spieler.

Seit gestern ist PES 2016 zu haben. Gut 20 Stunden habe ich in die zum Test freigegebene PS4-Vorabversion gesteckt, die mir bisher viel Freude machte. Nur den Test der Online-Komponente ließ der Release-Kandidat nicht zu, weshalb wir uns hier und heute eine abschließende Einordnung sparen. Denn wisst ihr noch, wie das letztes Jahr mit dem Online-Teil war? Ich weiß es noch zu gut. Schlimm war's - ein im Grunde brillantes Fußballspiel wanderte deshalb schon wenige Tage nach dem Test wieder ins Regal. Dennoch will ich euch mein ausführliches Voraburteil zur PS4-Version nicht vorenthalten.

Als ich auf der gamescom erstmals über die Schultern zweier Zunftgenossen einen flüchtigen Blick auf das Spiel warf, fielen direkt die überarbeiteten Animationen ins Auge. Ein Angreifer lief an der rechten Strafraumgrenze auf die Grundlinie zu, lunzte kurz in die Mitte, dann wieder auf das Leder und schlenzte das frechste, gefühlvollste kurze Flänkchen zum Stürmer, das ich je sah. Dass "Jim Stolperton" in der Mitte die Großchance kläglich vergab, war vollkommen nebensächlich, so aufregend war die Liebe zum Detail schon in den kleinen, eigentlich nebensächlichen Bewegungen.

Neben Bayern München sind aus Deutschland nur noch Mönchengladbach und Wolfsburg mit von der Partie.

Das weckte unmittelbar Erinnerungen an die Glanzzeiten von PES, als man sich über viele kurze handgemachte Momente freute, die das Spiel einfach näher an den realen Sport heranrückten, als das irgendwo sonst der Fall war. PES 2016 versprühte damit direkt einen vertrauten Vibe, wirkte gleichzeitig aber runderneuert. Und siehe, auf Nachfrage bei Konamis PES-Beauftragten Adam Bhatti stellt sich heraus, dass das Spiel dreimal so viele Bewegungsabläufe besitzt wie noch im letzten Jahr. Mittlerweile hat sich das auch in meiner eigenen Spielpraxis bestätigt, denn so viele Kleinigkeiten, die man manches Mal gar nicht bemerkt, sind noch nie hinzugekommen.

Beispiele dafür findet man mit jeder Spielstunde aufs Neue. Wie Bayerns Dante im Strafraum die Arme hinter den Rücken nimmt, als er dem Flügelstürmer den Weg versperrt. Wie ein Mittelfeldstratege wie Xavi sich über einen wüsten Trikotrupfer mit Sturzfolge am Mittelkreis ärgert oder einfach, wie elegant platzierte Schüsse neuerdings geschlenzt werden - das ist in der Fülle und in diesem Willen zur Erneuerungen noch nicht da gewesen. Doch wo andere Sportspiele schon mal dazu neigen, ihre Figuren zu "überanimieren", stellt sich hier jeder Bewegungsablauf, ohne mit der Wimper zu zucken, in den Dienst sehr direkter und schneller Eingaben. Tatsächlich sind die Partien noch feinfühliger kontrollier- und in alle erdenklichen Feldrichtungen steuerbar als noch in der letzten Ausgabe - und die gefiel mir in der Hinsicht schon außerordentlich gut.

Und dann war er drin. Fabelhaft.

Es flutscht einfach, Rumpelphasen sind selten (wenn man weiß, was man tut) und allgemein hat man das Gefühl, PES 2016 sei darauf bedacht, Fußball stets von seiner besten Seite zu zeigen. Schnell, dynamisch, vielschichtig. Lauerndes Abtasten, haifischartiges Zuschlagen, "Oh!"s und "Ah!"s in jedem Feldbereich und in jeder Spielphase zuhauf. Im Kurzpassspiel nach vorn verhalten sich die Nebenmänner nun klüger, explosiver, einfach hilfreicher, im Zweikampf Mann gegen Mann entstehen knochenknarzende, toll aussehende Kollisionen und mancher unvorhergesehener Geniestreich. Wie etwa im Bild hier drüber: Als mein 22-jähriger, schlaksiger Stürmerneuzugang einem Verteidiger, der gerade den Ball anzunehmen im Begriff war, das Leder von hinten durch die Beine weg und direkt am Keeper vorbei ins Tor spitzelt, haben hier im Wohnzimmer die Fenster gewackelt.

Ich müsste lügen, wenn ich behauptete, mich würde auf dem Rasen selbst irgendwas stören. Ab und an mag die Wucht eines Schusses nicht zu 100 Prozent zur abgespulten Animation passen. Die Granaten, die hier ein bisschen zu häufig gefährlich aufs Tor kommen, sind in der Frequenz auch nicht ganz authentisch. Dafür reagieren die Keeper bis jetzt ziemlich gut auf sie. Dass der Schiri so selten das Spiel unterbricht und die Vorteilsregel gut verstanden hat, schlägt in die gleiche Kerbe videospieliger Gönnerhaftigkeit, die nur dazu da ist, um dem Spieler nicht mit dröger Realismusbeflissenheit auf den Füßen zu stehen. PES 2016 geht es darum, den Geist des Sports wiederzugeben, nicht darum, ihn eins zu eins abzubilden.

Den hat er übrigens als Volley genommen. Ist natürlich reingegangen.

Richtig - und damit meine ich richtig - schlecht ist unterdessen der neue Kommentar. Hansi Küpper weist ein 4:1 als "knapp gewonnen" aus, Marco Hagemann, Wolff Fuss' Stimmklon und Kommentarersatz in Personalunion, schreit "Wahnsinnstor", obwohl der Keeper hält, und gibt Weisheiten der Marke "Der einfachste Weg zum Sieg ist ein Tor" von sich. Es schlimmer als je zuvor und nicht einmal mehr komisch. Ich kann nicht mal sagen, ob Konami vielleicht weiß, dass die meisten Spieler die kurzsichtigen Papageien seit Jahren abstellen, und sich in diesem Bereich deshalb keine Mühe mehr gibt. Aber besser macht es das nicht gerade. Dafür ist immerhin die Stadionatmosphäre mittlerweile auf einem vorzeigbaren Niveau.

Und sogar in der Offline-Meisterliga hat sich einiges getan: Monatsberichte mit umfangreicheren Statistiken halten euch auf dem Laufenden und vergleichen sogar die Vormonatsleistungen mit eurem aktuellen Abschneiden. Dazu kommt deutlich mehr Dynamik in der Spielerentwicklung und -Förderung, weil Spieler neue Eigenschaften erwerben, die sich auf das Mannschaftsumfeld auswirken und sich sogar einzelne Skills voneinander abschauen. Dazu eine etwas frischere Präsentation, die zwar immer noch diesseits von "dröge" zu verorten ist, aber immerhin übersichtlicher und einladender daherkommt.

Ich bin fürs Erste sehr angetan. Das hier ist toller, entfesselter und hochdynamischer Fußball voller Überraschungen. Jetzt heißt es nur noch: bibbern, dass die Server halten! Unser abschließendes Urteil fällt in den kommenden Tagen.

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PES 2016

PS4, Xbox One, PS3, Xbox 360, PC

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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