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Watch Dogs Legion und der Brexit: Legt Ubisoft endlich seine

Wichtiger als jeden NPC steuern zu können, ist die Tatsache, wo und wann man ihn steuert.

Die beharrliche Politikverleugnung gewisser, sich näher an der Realität und den Schlagzeilen bewegenden Ubisoft-Spiele wirkte zuletzt doch arg bemüht, findet ihr nicht? Man spürte, wie sehr die Entwickler um brisante Themen herumtänzelten, während sie die Spieler in virtuelle Bürgerkriege gegen hinterwäldlerische Fundamentalisten in den ländlichen USA schickten oder sie in The Division 2 schwer bewaffnet um Washington D.C. kämpfen ließen. Explizit ohne damit politische Statements über die aktuelle Lage machen zu wollen.

Zumindest auf der Ebene ihrer Message wirkten die Spiele deshalb bisweilen zahm und richtungslos, auch wenn man gut nachvollziehen kann, warum sich Kanadier und Franzosen nicht erlauben möchten, an der Außen- und Innenpolitik der USA herumzukritteln. Tatsächlich dürfte das aber zumindest im Fall von The Division mehr damit zu tun haben, dass immer noch "Clancy" drübersteht. Ein Label, das nun mal konservatives Gepäck mitbringt, das man nicht ohne Weiteres abwerft, ohne den Namen gleich mit abzuschütteln. Wobei man postulieren könnte, dass Clancy die herbeigeredete Entpolitisierung militarisierter Straßenschlachten in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten ebenso wenig schmecken dürfte wie mir - wenngleich aus anderen Gründen.

In Watch Dogs 3 soll es unbestätigten Gerüchten zufolge keine tödlichen Waffen mehr geben, was man an und für sich schon als Statement ansehen kann.

Einen möglichen Weg aus dem "Politisch-oder-nicht"-Schlamassel wählte Ghost Recon Breakpoint, das im Herbst eine fiktive Insel eines Tech-CEOs als Schauplatz aufs Korn nimmt, nachdem der Vorgänger noch Bolivien als Kartell-verseuchte Drogenhölle karikierte. Die bolivianische Regierung beschwerte sich wenig verwunderlich, Ubisoft hatte ein Einsehen und geht für den Nachfolger den bequemen, moralisch weitestgehend desinfizierten Weg, uns mit seinen eleganten Systemen im Herbst taktisch Krieg spielen zu lassen. Das ist zwar auch nicht unbedingt inspiriert im Hinblick darauf, was dieses Spiel über Imperialismus und American Exceptionalism sagen könnte, wenn es denn wollte (und nicht auch eine Clancy-Marke wäre). Es bereitet aber immerhin keine Bauchschmerzen beim Spielen, die man sich aktiv wegdenken muss.

Das ist eben der klassische Videospiel-Weg, mit virtuellen Konflikten umzugehen, der in Zeiten des Fotorealismus noch gerade gut genug funktioniert - aber nicht mehr so gut wie damals. Aber es gibt noch einen anderen und ich hoffe, Watch Dogs 3 - oder Legion, wie es den Gerüchten zufolge heißen soll - geht ihn auch konsequent. Und der liegt in der Einsicht, dass manche Themen einfach so inhärent politisch sind, dass es eine vertane Chance wäre, nicht zumindest ein wenig darüber zu reflektieren. Allzu real wirkender Fundamentalismus und fragwürdiger Interventionismus gehören da eigentlich dazu, aber wenn Ubisoft beim Brexit anfangen will und damit, welche Folgen der unter Umständen haben könnte, haben sie meinen Segen. Irgendwo muss man ja den ersten Zeh in den Pool stecken, um zu prüfen, wie sich das Wasser so anfühlt.


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Zugegeben, Details hierzu gibt es noch keine und ich sehe genügend Chancen, das Szenario soweit zu fiktionalisieren und von der Realität zu entrücken, dass auch hier jegliche Anflüge einer kontroversen spielinternen Diskussion im Keim erdrückt werden. Aber damit würde auch viel Schwung aus einem Thema genommen, für das die Marke Watch Dogs im Grunde prädestiniert ist. Steilvorlagen von der Sorte, die sich dieses Team, so glaube ich, nicht ungenutzt lassen wollen würde. Immerhin wurde schon im zweiten Teil Pharma-Raffgier und struktureller Rassismus mal mehr, mal weniger subtil angegangen. Klar, jetzt einen Mittelfinger Richtung Protektionismus und Isolationismus zu zeigen ist eine deutlich sicherere Nummer, als das Harter-Hund- und Weltpolizei-Gehabe so vieler (sicher nicht nur Ubisoft- und Clancy-)Videospiele ins Visier zu nehmen.

Wir - wir Spieler und das Medium an sich - sind alt genug, um problematische Elemente in Games anzusprechen. Nicht OBWOHL, sondern WEIL wir diese Spiele lieben.

Aber sie packen dieses Thema offensichtlich aktiv an, was nach all dem Winden und Wehren bezüglich der Politikfragen der letzten Zeit schon auffällt und dafür spricht, dass man etwas zu sagen hat. Vielleicht lehne ich mich auch zu weit aus dem Fenster, aber behalte ich Recht, wäre das ein erster Schritt, den ich ausdrücklich begrüße und der für die Zukunft Signalwirkung haben könnte. Vielleicht findet Ubisoft auf diese Weise den Mut und die Konsequenz, den politischen Ballast anzusprechen, den so manches Spielthema mit sich rumschleppt.

Denn so - wie auch sonst? - werden aus tadellosen Produkten von internationalem Triple-A-Format bahnbrechende, wichtige Werke, die den öffentlichen Dialog bereichern, anstatt sich ihm zu entziehen. Einem dermaßen beeindruckend durchprofessionalisierten Spielehaus wie Ubisoft, mit dieser gewaltigen Konzentration an Talent, ist die tiefergehende Auseinandersetzung mit seinen Themen auf jeden Fall zuzutrauen - und ich freue mich darauf, wie das im Fall von Watch Dogs Legion aussehen wird.


Entwickler/Publisher: Ubisoft Erscheint für: PC, PS4, Xbox One - Geplante Veröffentlichung: unangekündigt - Angespielt auf Plattform: -

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