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Diablo 2 Resurrected Beta - Alles wie gehabt. Das war es doch, was ihr wolltet.

Diablo 2 Resurrected bleibt Diablo 2, bietet die authentische Spielerfahrung. Man merkt, dass diese 20 Jahre alt ist. Aber das soll so sein.

Diablo 2 Resurrected bleibt Diablo 2, bietet die authentische Spielerfahrung. Man merkt, dass diese 20 Jahre alt ist. Aber das soll so sein.

Diablo-Fans holt die Runenwort-Listen, Horadrimwürfel-Rezepte und Skill-Tree-Notizen raus, denn der Release von Diablo 2 Resurrected biegt langsam auf die Zielgeraden ein! Das merkt man daran, dass das große Testen ansteht, wie an diesem Wochenende in der "Diablo 2 Resurrected Multiplayer Beta", in die Martin als "Normalzocker" und ich als "Try Hard" einen Abstecher gemacht haben. Hier unsere Eindrücke und Erfahrungen:

Martin:

Als jemand, der damals noch nicht wirklich online spielte, was soll ich schon zu Diablo 2 sagen... Nun, es war noch viel weniger ein Solo-Story-Game als sein Vorgänger, der die harte Arbeit leistete, das Genre praktisch zu erfinden. Sicher, es gab schon ein paar eher obskure Action-RPGs vorher, sowas wie Zelda und so, aber die waren alle eher Story-basiert, hatten klar definierte Anfänge und Enden. So spielte ich auch Diablo, werkelte mich bis zum Diablo vor, erledigte ihn und fragte "was nun?" Nun ja, "was nun" wäre mir klarer gewesen, hätte ich mit Online-Unterstützung Runde zwei gestartet oder besser gleich Diablo 2. Das spielte ich glaube ich nicht mal durch, zu verhaftet war ich noch im Gedanken, dass ein levelbasiertes Loot-Spiel so etwas wie eine Story haben müsste, um überhaupt für den Solo-Spieler geeignet zu sein.

Jetzt habe ich meine zweite Chance mit Diablo 2, die ich als bekennender Fan des dritten Teils starte. Eines ist dabei von Minute eins an klar: Ich verstehe hundertprozentig alle, die schon zum Start von Diablo 3 sagten, dass ihnen das hier alles zu bunt ist. Eine Minute in Diablo 2 Resurrected und man sieht wie ein Diablo aussehen sollte: düster, dunkel, unheimlich trotz, aber eigentlich wegen seiner natürlich sehr minimalistischeren Ausgestaltung. Dass Resurrected ein im Grunde altes Spiel ist sieht man sofort, Indie-Konkurrenten wie Van Helsing wirken geradezu opulent dagegen. Aber Diablo 2 hat zusammen mit seiner absolut hinreißenden, ebenso minimalistisch wie effektiven Musik mehr Einschlagkraft als all diese Pixel-Hochzüchtungen. Diablo 2 Resurrected ist kein schönes Spiel. Aber das war auch nie das Ziel und seine Stimmung und Atmosphäre schafft es sich mit viel Können und minimalem Aufwand sofort.

Hier verbrachte ich mehr Zeit als ich es sonst bei Action-RPGs gewöhnt war. War okay, gehörte halt dazu.

Nachdem die Stimmung also sofort punkten konnte, geht es in das Gameplay und wieder wird mir klar, warum man hier allein nicht so viel verloren hat. Es gibt natürlich jede Menge Lore, aber keine echte Story. Nur wenige Quests und die sind ganz schön entschleunigt. "Geh mal in den Dungeon, der da irgendwo sein muss und mach' dein Ding!" Klar, hatte ich eh vor, danke für nichts. Losgezuppelt, gelootet, festgestellt, dass man nur mit Pfeilen schießen kann, wenn man welche hat, und so ging es dann in den Zyklus aus Wandern, Metzeln und irgendwann von einem Elite-Monster gemetzelt werden. Das ist das, was man tut und weshalb man hier ist.

Spielen tut sich das alles sehr anständig, aber eben nicht so "snappy" wie Diablo 3. Das ist in jeder Hinsicht um Generationen moderner, zog das Looten und die Inventar-Verwaltung so gerade, dass man sie für Vermessungen nutzen kann und spielt sich locker-fluffig weg. In Diablo 2 ist Inventar-Überfrachtung kein Event, sondern ein Dauerzustand, nie hat man genug Zauber zum Entschlüsseln der Items. Entweder es sind zu viele oder zu wenige Tränke im Inventar. Automatisches Aufräumen? Das war später irgendwann ein Feature, nicht bei Diablo 2. Und trotzdem und auch deswegen: Diablo 2 ist ein ganz eigenes Spielgefühl und in den hochstufigen Runs später kommen dann Können und Ideen dazu, wie ihr sie in nicht vielen Spielen dieser Art braucht, wenn ihr die höchsten Monsterkiller-Weihen empfangen wollt. Nie allein, immer in der Gruppe. Das muss einfach klar sein.

Ich liebe den dunklen Look einfach. Ich würde D3 gerne in diesem Gewand sehen. Aber dann wäre es vielleicht nicht mehr wirklich D3, so wie D2 nicht mehr D2 wäre, wenn man seine Loot-Verwaltung modern gestaltete.

So wie ich es sehe, tat Blizzard mit Diablo 2 Resurrected genau das Richtige: Sie verstanden, dass sie mit Diablo 2 und Diablo 3 zwei verschiedene Spiele haben und halten diese auch strikt getrennt. Sicher, man hätte Diablo 2 modernisieren, streamlinen und zugänglich machen können. Mehr Quests, mehr Dungeon, mehr Diablo 3. Aber warum, wenn man schon ein Spiel hat, das all das in Perfektion erledigt? Insoweit werden ich und Diablo 2 wohl immer noch nicht beste Freunde werden, aber ich habe nichts als Respekt für das, was es ist. Das reichte nämlich, um Diablo 2 über 20 Jahre lang entgegen aller Zeitgeistströmungen am Laufen zu halten. Es gibt nicht so viele Spiele, die das von sich sagen können.


Markus:

Mit Diablo 2 verbinde ich einige besondere Erfahrungen, denn es war das erste Spiel, das ich anno dazumal wirklich massiv online gespielt habe und was dank damaliger (stündlich abgebuchter) ISDN-Gebühren den Großteil des Taschengeldes aufgefressen hat. AOL hat's sicher gefreut. Dementsprechend freudig waren meine Erwartungen an D2R und ich kann nach mehrmaligen Durchgängen (die Beta geht nur bis zum Ende von Act 2) sagen: Es ist D2!

Ja, keine Aussage, mit der man viel anfangen kann, beginnen wir also zunächst mit der Verbesserung, die sofort ins Auge fällt: die Grafik. Bei einem alten Schlachtschiff wie D2 war das definitiv die größte und wichtigste Baustelle, in die auch merklich die meisten Arbeitsstunden geflossen sind. Die Welt erstrahlt nun in zeitgemäßem 3D mit 4K Auflösung und zeigt viele verbesserte Details bei Effekten von Fähigkeiten, Animationen, Monstern, Gegenständen und Symbolen (was die Lüfter meiner 2080 Ti Xtreme in den Düsenjet-Modus schickt?!?).

Zwischen dem klassischen Spielmodus mit 800x600er Auflösung und der gepimpten 4K Resurrected-Version kann man fließend wechseln und dabei bestaunen, mit wie wenig Pixeln man früher ausgekommen ist.

Auf den zweiten Blick in die Spieloptionen machen sich die vielen Quality-of-Life-Verbesserungen bemerkbar, die man schon vor zwei Jahrzehnten gut gebrauchen hätte können. So bietet die Bank nun zusätzlich, zum privaten Fach jedes Charakters, auch noch drei zusätzliche Fächer, die unter allen Charakteren geteilt werden - damit ist das umständliche "Gegenstände mulen" Geschichte.

Fast noch wichtiger: Die Anzeige für gedroppte Items lässt sich nun fest ein- und ausschalten - die Einkerbung am linken Daumen für das dauerhafte Drücken der ALT-Taste entfällt damit - und dank der Funktion "automatische Goldaufsammlung" muss man sich nicht mehr mühsam für jedes Goldstück bücken (für alles andere leider schon), sondern nur noch drüber- oder nahe daran vorbeilaufen.

Wer will, kann sich den herumliegenden Loot in Diablo 2 Resurrected nun auch dauerhaft anzeigen lassen oder ihn wie früher durch Drücken der ALT-Taste einblenden.

Darüber hinaus lassen sich nun Schriftgröße und Interface-Skalierung anpassen (anscheinend nur am PC), nützliche Infos wie Lebenspunkte, Mana, Verfehlen von Attacken als Zahlen und Text einblenden (nicht mehr nur bei Mouseover) und wer will, kann D2 nun auch per Controller am PC oder der Konsole zocken. Kurz gesagt, D2 wurde optisch und spieltechnisch auf den notwendigen aktuellen Stand gebracht. Ein komplettes Desaster wie bei Warcraft 3 dürfte damit schon mal ausbleiben.

Die Sichtbarkeit der Karte wurde auch etwas verbessert, leider muss man sie immer noch mühsam aufdecken. Und wie immer ist der Zugang zur nächsten Ebene in der letzten Ecke, die man abklappert. Gibt's eigentlich schon ein Map Hack 2.0?

Im Kern ist es und bleibt es aber Diablo 2. Das merkt man daran, dass sich gewisse, nennen wir es mal "Problemzonen", über zwei Jahrzehnte später immer noch an denselben Stellen bemerkbar machen. Ein Beispiel für die alten Hasen: Was passiert, wenn man in Act 1 im Lager der Jägerinnen von Deckard Cain schnurstracks zur Schmiedin Charsi hochläuft? Richtig, man bleibt an der Fackel neben der Mauer nahe der Schatzkiste hängen und muss einen U-Turn hinlegen. Normalerweise laufen die Charaktere relativ zuverlässig und selbstständig um solche Hindernisse herum, doch das ist eine der Stellen, an denen sie hängenbleiben.

Ja, ich weiß, kein Grund, sich deswegen ein Bein auszureißen, muss man halt einen Bogen laufen. Trotzdem war es der erste Moment, an dem mir nach kurzer Spielzeit so richtig klar wurde: Du zockst D2! Ein weiterer, altbekannter Fehler sind Türen, die man öffnet, die visuell aber geschlossen bleiben (z. B. im Kloster). Auch hier kein Weltuntergang, aber diese magischen Türen gab's auch schon vor 21 Jahren - gehört vermutlich zur "Retro-Experience" und sollen so bleiben.

Offen und doch geschlossen - diese magischen Türen gab's auch schon vor zwei Jahrzehnten in Diablo 2.

Gelegentlich läuft auch mal die Synchronisation mit dem Server aus dem Ruder, was sich damals wie heute im besten Fall darin äußert, dass der Charakter plötzlich wieder 20 Meter weiter hinten steht und denselben Weg noch einmal zurücklegen muss. Im schlimmsten Fall ist die Verbindung ganz weg und man erreicht im wahrsten Sinne des Wortes "das Ende der Welt".

Der Server bekommt das entweder sehr spät mit und stellt die Verbindung mit Glück nach einigen Minuten Wartezeit wieder her, oder eben nicht. Dann muss man das Match verlassen und alle Fortschritte sind dahin. Ersteres ist mir in der Beta relativ häufig passiert, Letzteres genau einmal beim großen Ansturm zum Start. Ich hoffe mal, es lag daran, dass die Test-Server auf der anderen Seite der Erde stehen, und dass es zum Release auch ein paar Server in unserer Hemisphäre gibt.

Sie haben das Ende der Welt erreicht!

Nicht wirklich ein Bug, aber trotzdem etwas, das das Team noch anpacken sollte: In Gruppenspielen sind enge Korridore wie in der Wurmgruft (Ferne Oase, Act 2) oder die schmalen Gänge in der geheimen Zuflucht (Act 2) immer noch die Hölle. Wie schon vor zwei Jahrzehnten teleportiert sich die Magierin schnell nach vorne und blockiert damit den Weg für alle Nahkämpfer, die verzweifelt versuchen, irgendwie am Hintern der lahmen Zauberin vorbeizukommen, um einem Dämon die Axt ins Gesicht zu hauen. Das geht erst, wenn das Champion-Pack die erstaunte und manaleere Magierin aus dem Weg geräumt hat.

Umgekehrt läuft es übrigens auch nicht besser: Jede Türe verführt Nahkämpfer geradewegs dazu, darin stehenzubleiben und den Weg für alle anderen Spieler zu blockieren. Hier wäre es gut, wenn die Charakter-Kollision ein paar Ausnahmen machen könnte - außer natürlich, das gehört zur gewünschten Spielerfahrung. Ich kann mich an so einige lustige Momente vor 20 Jahren erinnern. Und viele frustrierende.

Diablo 2 Gruppenmodus wie man ihn kennt: Vorne die Fernkampfer, dahinter die wartenden Nahkämpfer... . Richtig lustig wurde es übrigens, als die Bowazon hinter der nächsten Ecke auf ein fieses Champion-Pack gestoßen ist und den Rückwärtsgang eingelegt hat.

Unterm Strich ist Diablo 2 Resurrected auf einem guten Weg. Ich hoffe, dass man ein paar der Probleme noch aus dem Weg räumt, rechne aber ehrlich gesagt nicht damit. Ist D2R den Vollpreis wert? Das kommt darauf an: Wenn ihr exakt in dieselbe nostalgische Diablo-2-Erfahrung eintauchen wollt wie vor 20 Jahren, mit all der Komplexität (die mit D3 verloren ging) und einer schöneren Optik, dann ja. Wollt ihr einfach nur ein gutes Hack 'n' Slay spielen, gibt es mit Diablo 3, Path of Exile, Last Epoch, Lost Ark und Co genügend bessere und schönere Alternativen. Zumal Diablo 4 und Path of Exile 2 schon ihre Schatten vorauswerfen.

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Markus Hensel

Redakteur

Seit 2011 bei Eurogamer.de dabei. Zockt alles aus dem Hause Blizzard, insbesondere D3, Overwatch, Starcraft 2 und WoW-Raids (auch nach 10 Jahren noch). Hört Rock und Metal, hat einen Drachen-Fetisch, kann mit Fußball nichts anfangen, ist stolzer Besitzer eines Monstergrills und mag Kuchen und Kekse (viel zu sehr).
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