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Dr. Mario World - Jetzt kommt Nintendo doch noch in der normalen Handy-Welt an

Als auch der Klassiker die Gier entdeckte

In Super Mario Run versenke ich immer noch viel zu viel wertvolle Lebenszeit. Was ich mochte: Ihr ladet euch das Spiel einmal runter und habt dann eine Art Demo-Version zur Verfügung. Für einen einmaligen Geldbetrag könnt ihr das restliche Spiel freischalten und müsst dann praktisch nie mehr Geld draufwerfen. Fire Emblem Heroes funktionierte zwar nach einem anderen Konzept, aber auch hier hatte ich das Gefühl, nie gegen die sprichwörtliche Paywall zu rennen. Jetzt aber zeigt sich: Nintendo hat für seine Mobile Games noch kein konsistentes Monetarisierungsmodell. Denn bei Dr. Mario World gibt es sie, die Paywall. Und ihr trefft schnell auf sie. Hart.

Mit Pillen werden Viren zerstört: So kennt ihr Dr. Mario.

Das Spiel erinnert jetzt nicht mehr so stark an Tetris wie noch auf dem NES, sondern eher an populäre Match-3-Games. Die Pillen fallen nicht mehr von oben in eine Flasche, stattdessen wandern sie von unten nach oben und können per Touch-Steuerung manuell an jedem beliebigen Ort untergebracht werden. Eine direkte Verbindung muss dabei nicht existieren. Nach wie vor müsst ihr diverse Viren entfernen und wenn alle weg sind, habt ihr, zumindest im Solo-Modus, gewonnen. Nun steht euch pro Level aber nur eine bestimmte Anzahl von Pillen zur Verfügung und mit denen müsst ihr auskommen. Es sei denn, ihr investiert Diamanten. Und wie bekommt ihr Diamanten? Richtig, mithilfe einer gar nicht mal so virtuellen Währung namens Euro.

Nun ist Dr. Mario World erst mal kostenlos und mir ist klar, dass Menschen Geld an diesem Spiel verdienen müssen, damit es existieren kann. Es kommt aber eben auch auf das Wie an. Bei Dr. Mario World bekommen wir es mit einer wirklich hübsch gestalteten Oberwelt zu tun, Level für Level warten neue Herausforderungen und bis ans Ende des ersten Abschnitts konnte ich locker-flockig spielen. Dann kam Level 40 und ich rannte gegen die Wand. Plötzlich seid ihr genötigt, innerhalb eines Zeitlimits sämtliche Viren vom Bildschirm zu verbannen und das mit einer doch recht knappen Zahl an Pillen.

Neben Mario treten auch Bowser, Peach und weitere Figuren des Pilzkönigreichs ihren Nebenjob als Mediziner an.

Ich habe es irgendwann auch geschafft, auch ohne zu bezahlen, aber kaum ein Moment veranschaulicht derart, was bei Free-to-play-Spielen häufig schief läuft: Ihr habt eine begrenzte Zahl von Continues in Form von Herzen. Von denen bekommt ihr alle 30 Minuten ein neues, könnt aber maximal fünf gleichzeitig haben. Wollt ihr neue Herzen, obwohl ihr gerade alle verbraucht habt, müsst ihr Diamanten ausgeben. Zehn Stück braucht ihr für fünf neue Herzen, für 30 Diamanten schaltet ihr dagegen eine Stunde freies Spiel frei. Um das mal in Euro umzurechnen: Für 20 Diamanten (die geringste kaufbare Zahl) zahlt ihr 2,29 Euro, das größte Paket mit 1050 Diamanten kostet euch 74,99 Euro. Und ja, ihr könnt mit ein bisschen Glück auch über den Online-Multiplayer an Diamanten kommen oder euch von Freunden aus sozialen Netzwerken welche schenken lassen, wenn ihr euch denn dazu berufen fühlt, Nintendos Vertriebsmitarbeiter für Dr. Mario World zu spielen. Aber all diese Funktionen und Kaufoptionen machen in der Praxis vor allem eins: Sie bremsen den Spielfluss. Natürlich war auch Level 40 nicht das einzige Hindernis dieser Art, spätere Hürden kommen häufiger und sie werden höher.

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Das wäre nicht weiter schlimm, wenn Dr. Mario World ein schlechtes Spiel wäre, das ist es aber gar nicht. Es hat einen Haufen Features, die ich interessant finde. So könnt ihr verschiedene Doktoren freischalten, die jeweils bestimmte Spezialfähigkeiten haben. Mario lässt etwa immer die unterste Reihe verschwinden, wenn ihr durch genug vernichtete Viren eine Leiste gefüllt habt. Im Verlauf des Spiels könnt ihr euch außerdem noch mehr zusätzliche Buffs freispielen, auch schön. Neue Spielfiguren gibt's teilweise sogar für Münzen, die andere In-Game-Währung, von der ihr relativ viel bekommt. Aber ich hätte all das eben wirklich gern genossen, ohne dass Nintendo mich darauf hinweist, dass es jetzt gerade ein Super-Sonderangebot gibt, weil ich im Multiplayer einen Rang nach oben geklettert bin. Das ganze Grundgerüst von Dr. Mario World ist toll und erlaubt gerade in späteren Spielabschnitten clevere Strategien. Nur das auf Mobile sehr übliche Monetarisierungsmodell, das ist für den Eimer. Da hätte ich dann doch lieber zumindest die Option gehabt, einmal einen Festbetrag für störungsfreies Spielen auszugeben, wie das schon bei Super Mario Run so gut funktioniert hat.

Der Multiplayer-Modus von Dr. Mario World macht Spaß - besonders natürlich, wenn ihr gewinnt.

Der Fairness halber sei erwähnt, dass der bereits erwähnte Online-Multiplayer-Modus ohne derlei Hindernisse auskommt, den könnt ihr schon nach kurzer Zeit völlig störungsfrei genießen und tatsächlich liegt da neben der Kampagne auch eine der großen Stärken des Titels. Hier schiebt ihr euch gegenseitig Reihen aus Bazillen zu und versucht euch so gegenseitig in die Bredouille zu bringen. Das verlangt wirklich sehr schnelles und konzentriertes Spielen, diverse erfahrene Spieler aus aller Welt sind zumindest aktuell auf den Servern vorhanden, Online-Matches kommen schnell und problemlos zustande. Und juhu, ihr könnt hier Items gewinnen, die ihr sonst nur für Echtgeld erwerben könnt, beispielsweise besagte Diamanten. Und woraus könnt ihr die bekommen? Aus Lootboxen, die ihr immer bekommt, wenn ihr einen Rang aufsteigt. Und auch dann nur in sehr geringer Anzahl.

Ein wenig scheint es, als hätte jemand bei Nintendo beschlossen, dass das jetzt mal probiert werden muss, diese In-your-face-Bezahlaufforderungen, die von den Spielern ja offenkundig irgendwie geliebt werden, sonst würden sie diese ganzen Smartphone-Titel ja nicht spielen. Oder? Oder? Aber schau mal, wir haben da dieses Sonderangebot, du bekommst einen Haufen Diamanten und dazu noch ein paar andere Items obendrauf. Zusatzpillen! Ein wenig fühlt ihr euch bei Dr. Mario World wie vor einem Fischmarktstand, bei dem euch der Marktschreier zu euren zwei Pfund Seelachs noch einen Aal und eine Handvoll in Marokko gepulte Nordseekrabben zusätzlich ins bereits durchgeweichte Zeitungspapier wirft, einfach weil er weiß, dass das bei den anderen Zuhörern vor dem Marktstand ebenfalls die Hoffnung wecken wird, Seelachs zu kaufen, um einen begehrten Räucheraal gratis zu erhalten. Wenigstens den Aal, wenn vielleicht auch nicht die Krabben!

Auf der Weltkarte arbeitet euch im Rahmen der Kampagne Schritt für Schritt vorwärts - zumindest, wenn euch nicht die Herzen ausgehen.

Ich gebe zu, ein bisschen hat mich Dr. Mario World traumatisiert. Weil ich dann doch immer wieder zum Spiel zurückgekehrt bin, wenn ich vermutete, dass die Zeit mir ein weiteres Herz spendiert hat und weil mein Retro-Organ von den guten alten Dr.-Mario-Pillen eben irgendwie angenehm angesprochen wird. Aber dann war sie da wieder, die Paywall. Und dann der Typ vom Fischmarkt. Oder um eine andere, weniger so blumige wie duftende Metapher zu nutzen: Wenn ihr echtes, bestes Ninetndo-NES-Retro-Feeling haben wollt, aber euch dabei immer der maximale Abzock-Modus eines soliden Pay-to-Win-Mobile-Systems zum komplett Glück gefehlt hat, euch deshalb weder Super Mario Run oder Fire Emblem Mobile lag, weil die einfach nicht gierig genug für euch waren, dann los! Dr. Mario World ist genau, worauf ihr gewartet habt!


Entwickler/Publisher: Line, NHN Entertainment, Nintendo/Nintendo - Erscheint für: iOS, Android - Preis: Free-to-play - Erscheint am: erhältlich - Gespielte Version: iOS - Sprache: deutsch - Mikrotransaktionen: Ja

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Markus Grundmann Avatar
Markus Grundmann: Seine ersten Videospiele konsumierte Markus auf dem Game Boy. Heute spielt er so ziemlich alles, bei dem er auf Knöpfe drücken kann – mit besonderer Vorliebe für Nintendo und extravagante Indie-Titel.
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Dr. Mario World

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