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E3 2019 - Roller Champions macht Spaß. Aber Rocket League als Konkurrenz - wer tut sich sowas an?

Gutes Spiel, unschlagbare Konkurrenz. Oder?

Die Ankündigung von Roller Champions auf Ubisofts E3-Konferenz samt direkter Veröffentlichung der Demo war nur zur Hälfte eine Überraschung. Dass der Titel existierte, war bereits im Vorfeld geleaked. Weniger wussten wir darüber, dass das farbenfrohe Sportspiel free to play sein würde und dass wir es noch am selben Abend ausprobieren dürften, damit hatte ebenfalls niemand gerechnet.

Nach etwa zwei Stunden mit der Demo ist vor allem eines klar: Rocket Leagues Thron kommt wohl nicht ins Wackeln. Das bedeutet nicht, dass Roller Champions schlecht wäre. Im Gegenteil - es ist originell, macht Spaß und sieht hübsch aus -, auf die farbenfrohe Bonbonland-Art, die die besten Funsport-Spiele zu einer anziehenden Angelegenheit macht. Auch der Soundtrack weiß zu gefallen und dass das Art-Design der Figuren mal wieder an Fortnite angelehnt ist - geschenkt. Dank des Spielprinzips wird das hier niemand verwechseln. Aber mir fehlt - so glaube ich zumindest - auf Dauer ein wichtiger Faktor, der Rocket League zu etwas Besonderem macht: Physik.

Auf Wunsch konzentriert ihr die Kamera automatisch auf den Ball.

Aber erst einmal, was es richtig macht: Free to play ist genau der richtige Preis für diese Sorte "ich schau mal rein, ob's Laune macht"-Titel und man hat direkt das Gefühl, was Wertiges, Fertiges zu bekommen, das die Zeit wert ist, die man reinsteckt. Das Regelwerk ist interessant und durchaus spannend: Zwei Dreierteams auf Rollerskates auf einer ovalen Rennstrecke, ein Tor, das rechtwinklig von der Außenbande in die Strecke hineinhängt, und ein Ball, der zum "Anstoß" in eine beliebige Richtung der Arena geworfen wird. Wer ein Tor werfen will, muss mit Ballbesitz mindestens eine Runde absolvieren.

Ihr könnt den Ball passen, Finten in verschiedene Richtungen ausführen und versuchen, mehr als eine Runde mit dem Leder zu schaffen. Zwei Runden ohne Ballverlust bringen schon drei Punkte und drei Runden gleich fünf, die ein Match mit nur einem Tor beenden würden - denn bei fünf ist Schluss. Die Gegner versuchen derweil, durch Schwungholen an Abhängen und durch Fahren im Windschatten zum Ballführenden aufzuschließen, um ihn zu tacklen, aufmerksame Mitspieler geben Geleitschutz oder laufen sich frei. In welche Richtung man die Strecke abfährt, ist für beide Seiten komplett egal, als Gegenverkehr zu tacklen zwar schneller, aber auch schwieriger. Es ist ein cooler Sport, den man im TV auch schauen würde, wenn es ihn denn gäbe.

Und wenn es eng wird, gebt ihr einfach den Geisterfahrer. Im Scheitel der Arena jemanden zu tackeln, ist allerdings definitiv für Fortgeschrittene.

Das "Problem" von Roller Champions ist nicht einmal ganz sein eigenes. Im Grunde kennt jedes andere Populärsport-Spiel es ebenfalls und es fällt nur auf, wenn man Rocket League als Konkurrenten daneben hält: Wenn man darüber nachdenkt, ist das Steuern eines Menschen mit zwei Sticks und einer Handvoll Knöpfen eine ziemlich abstrakte Angelegenheit, die bewirkt, dass man häufig den Animationen des Spiels ausgeliefert ist. In Rocket League steuert ihr ein Auto, das nichts anderem unterliegt als akkurat simulierter Physik. Wie sich das durch Betätigen von Gas, Bremse und Lenkrad verhält, das ist deutlich direkter, einfacher nachvollziehen und ja - realistischer -, selbst wenn man mit dem Raketenantrieb der Schwerkraft zeitweise eine lange Nase macht.

Roller Champions basiert dagegen ganz klassisch auf Animationen, denen es auch dann brav gehorcht, wenn man in einem unintuitiven Winkel in einen Gegner hineinrauscht, der aber trotzdem umfällt wie immer. Ausweichbewegungen und Stolperer sind allesamt vorgefertigt, wie etwa auch in FIFA. Und wirft man den Ball, folgt er meist einer vom Computer bestimmten Flugbahn. Wird man umgekegelt, "saugt" ihn der nächste Spieler wie von Zauberhand an. Das ist an sich nicht verwerflich und funktioniert hier auch gut. Aber Rocket Leagues Stärke war, dass sich aus seinem Regelwerk und den physikalischen Gesetzmäßigkeiten eine Spieltiefe herauskristallisierte, die Dinge und Manöver möglich machte, die in den ersten Tagen dieses Spiels noch wie Zauberei gewirkt hätten.

Ich meine ... heilige Sch****:

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Ich habe nicht das Gefühl, dass derartig präzise Millimeterarbeit und natürlich von Innen heraus generierendes Spektakel für Roller Champions auch drin sind. Auch, weil der eigentliche Vorgang, ein Tor zu erzielen, vergleichsweise lapidar abläuft (zielen, Flugkurve wird angezeigt, rechtzeitig loslassen) und das eigentliche Highlight ist, seine Runden so zu fahren, dass einen niemand zu packen bekommt. Aber vielleicht irre ich mich auch. Ich lasse mich gern eines Besseren belehren. Momentan vertraue ich den animationsverliebten Routinen dieses Spiels einfach nicht so inhärent wie Psyonix' Autofußball, bei dem ich nichts anderes als die eigenen Skills für Fehlversuche verantwortlich machen kann. In Rocket League spielen beide Mannschaften in erster Linie gegen die Schwerkraft, hier spielen sie gegen die Steuerung und das betont videospielige Regelwerk.

Das ist kein Deal Breaker (zumal dieser Deal konkurrenzlos günstig ist), auch andere Sportspiele haben wie gesagt genau hiermit zu kämpfen. Aber sie haben auch eine eingebaute Zielgruppe: Videospielende Fans der realen Sportarten. Roller Champions wirft sich in den Wettbewerb überkandidelter Future Sports und da macht Rocket League in einer Arena ganz für sich allein gerade ein Weltklassespiel.

Ich bleib' gerne noch eine Weile dabei, das Skaten an sich macht Spaß, die Aufmachung irgendwie gute Laune und was Rocket League an Hirn hat, das hat Roller Champions an Style, was ich im Free-to-play-Segment auf keinen Fall unterschätzen würde. Dass ich aktuell noch richtig mies hierin bin, während andere Leute sich sichtlich besser schlagen, macht ebenfalls Hoffnung, dass es auch hier eine recht hohe Skill-Decke gibt. Die Frage ist nur, wie viele Spieler lange genug dabeibleiben, um zu sehen, wie hoch sie hängt. Free to play kann letzten Endes den Unterschied machen und Roller Champions als Alternative für Menschen etablieren, denen Rocket League auf Dauer einfach zu hardcore ist.

Ich bin gespannt, wie das ausgeht, denn gute Future-Sport-Spiele sind heutzutage dünn gesät und das sympathische Roller Champion könnte eines davon werden.


Entwickler/Publisher: Ubisoft Erscheint für: PC, weitere Plattformen folgen - Geplante Veröffentlichung: Demo bis 14. Juni spielbar

In diesem artikel

Roller Champions

PS4, Xbox One, PC, Nintendo Switch

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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