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In Memoriam 2: Das letzte Ritual

Ein Spiel, das mit Euch spielt.

Es ist schon irgendwie lustig: Fast jedes Spiel versucht heute, wie ein Film zu sein. Metal Gear Solid und Final Fantasy mit ihren ellenlangen Zwischensequenzen. Call of Duty und Company of Heroes mit ihrer authentischen Atmosphäre. Max Payne mit seiner Geschichte. Jedes x-beliebige Adventure mit seinen Synchronstimmen von Hollywood-Stars. Und dann ist da In Memoriam 2: Das letzte Ritual. Ein kleines Spiel von einem unbekannten Entwicklerteam mit Videos in Briefmarkengröße und einer Grafik, die jedem durchschnittlichen PC die Schamröte auf den Bildschirm treibt. Trotzdem fühle ich mich hier mehr wie in einem Film als in jedem anderen Spiel. Welche Ironie!

Was aber ist eigentlich In Memoriam 2? Ein Adventure? Eine Ansammlung von Minigames? Ein virtuelles Rätselbuch? Schwer zu sagen. Denn eigentlich will In Memoriam 2 gar kein Spiel im herkömmlichen Sinne sein. Nicht Ihr spielt mit ihm, es spielt mit Euch.

Recherchearbeit

Eines der zahlreichen Rätsel: Was haben Käfer mit dem Killer zu tun?

Wie schon im Vorgänger jagt Ihr bei In Memoriam 2 einen Serienmörder, der sich Phoenix nennt. Niemand ist ihm bisher auf die Schliche gekommen und das langweilt Phoenix so langsam. Also stellt er eine nette DVD zusammen, die allerlei Hinweise auf seine Identität, seine Opfer, sowie seine Rituale enthält. Nur: Diese ganzen Anspielungen müssen erst einmal entschlüsselt werden und da folgt Euer Auftritt. Das ICPA, das International Committee for the Phoenix Arrest, spielt Euch ein Exemplar dieser Disc zu und Ihr beginnt mit der Arbeit. Was Euch dabei erwartet, welche Geheimnisse die DVD verbirgt, weiß allein Phoenix. Er spielt mit Euch, um wieder da anzuknüpfen, wo ich eben aufhörte.

Das Wundervolle an In Memoriam 2 ist, dass es diesen Stil von der ersten bis zur letzten Sekunde durchhält. Ihr habt stets allein diese DVD des Killers vor Augen und wisst, dass Ihr sie entschlüsseln müsst, um noch weiteres Unheil zu verhindern. Ihr braucht Euch nicht mit einem anderen Charakter zu identifizieren, weil Ihr immer Ihr selbst seid, vor dem Computer sitzt und Euch fragt, was sich Phoenix jetzt wieder Gemeines überlegt hat.

Und: Ihr werdet aus dieser Halbrealität nicht herausgerissen. Rätsel lösen sich bei In Memorian 2 vor allem mit Hilfe des Internets. Während einer der ersten Aufgaben tauchen beispielsweise verschiedene italienische Wörter auf dem Bildschirm auf, die so zunächst einmal keinen Zusammenhang aufweisen. Mit einem Klick im Programm öffnet sich aber Euer Browser, Ihr besucht die Website des ICPA und gebt ein paar Begriffe in einer ganz gewöhnlichen Suchmaschine ein. Siehe da: Sie alle stammen aus einem bedeutenden, literarischen Werk. Allerdings möchte Phoenix von Euch eine Zahlkombination hören, um weitere Hinweise über sich preis zu geben. Also gilt es nun noch, herauszufinden, aus welchem Kapitel und welchen Zeilen der Vers genau stammt. Ist das geschafft, gibt’s zur Belohnung ein neues Video - einigermaßen aufwendig mit echten Schauspielern gefilmt.

Teamarbeit

Augen, Zahlen, ein Zeiger. Der ganz normale Wahnsinn.

Um Euch nicht allein im Dunkeln tappen zu lassen, hat die ICPA die DVD noch an zahlreiche andere Ermittler geschickt. So bekommt Ihr teilweise im Minutentakt E-Mails von fiktiven Leidensgenossen, die wichtige Tipps enthalten. Es ist schon eine wirkliche Erleichterung, wenn nach stundenlangem Rumprobieren plötzlich eine Nachricht von „Kristin“ im Postfach auftaucht und den entscheidenden Rat gibt. Und da die Rätsel doch verdammt schwierig daher kommen, ist dieser Rat leider ein bisschen zu oft nötig. Eine perfekte Beobachtungsgabe ist Pflicht und selbst mit der kann man an manchen Aufgaben wirklich verzweifeln.

Aber In Memoriam 2 ist ohnehin kein Spiel, das man Ewigkeiten am Stück spielen sollte. Jeden Tag zwei, drei neue Etappen zu bestreiten und dann zu hören, was die Kollegen so geschafft haben, ist wesentlich interessanter. Ihr könnt Wochen damit verbringen. Darüber hinaus ist es über die ICPA-Website zudem möglich, Mitstreiter aus Fleisch und Blut zu finden, mit denen Ihr dann ganz real Erfahrungen und Hilfestellungen austauscht.

Detektivarbeit

Kurze Videos belohnen Euch für gelöste Aufgaben - und stellen neue Fragen.

Nicht alle Rätsel von In Memoriam 2 setzen übrigens den Einsatz des Internets voraus. Manchmal müsst Ihr einfach nur gut zuhören, Bilder mit Hilfe verschiedener Tools analysieren oder Zahlenkombinationen dekodieren. Nichts davon ist wirklich neu, doch alles wirkt durch die realistische Verpackung wesentlich unverbrauchter, logischer - und gruseliger: Der Gedanke, dass ein Killer sich so ein perverses Spiel ausdenkt, seine brutalen Morde dadurch verharmlost, macht viel von der Atmosphäre aus. Und wenn man dann auch noch eine Mail von Phoenix mit einem freundlichen „Ich weiß, wo Du wohnst.“ bekommt und es – wie der Zufall es will – überraschend an der Türe klingelt, zeigt das Spiel seine volle Wirkung.

Ein Problem hat In Memoriam 2 abgesehen von seinem etwas zu hohen Schwierigkeitsgrad dann aber doch: Es funktioniert nur solange richtig gut, bis die ersten Lösungen im Internet stehen. Denn wer macht sich schon die Mühe, den ganzen Abend mit herausfordernden Knobelaufgaben zu verbringen, wenn es auch einfacher geht? Das raubt dem Spiel logischerweise irgendwo den Sinn und natürlich eine Menge Spaß.

Ich kann schon verstehen, wenn sich In Memoriam 2 erst einmal langweilig anhört. Rätsel mit Hilfe des Internets lösen - wie spannend! Aber das ist es wirklich. Man denke nur an die virale Marketingkampagne, mit der Microsoft seinerzeit Halo 2 beworben hat: Tausende Spieler auf der ganzen Welt rätselten da gemeinsam an den geheimen Codes einer simplen Website. War das langweilig? Oder die Fernsehserie Lost, die Woche für Woche Millionen Menschen mit ihren geheimnisvollen Anspielungen fasziniert und zur weiteren Suche im Internet anregt. In Memoriam 2 schlägt in die gleiche Kerbe. Nur erwartet Euch hier als Belohnung kein profaner Releasetermin für irgendeinen Shooter, sondern eine spannende Geschichte mit wunderbar düsterer Atmosphäre. Ein Spiel wie ein Film eben.

8 / 10

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In Memoriam 2

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Über den Autor

Fabian Walden

Freier Redakteur

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