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Star Citizen Alpha 2.0: Das Happy End eines turbulenten Jahres

101 gut investierte Millionen Dollar?

Es wird noch eine ganze Weile dauern, bis Star Citizens Skeptiker von dem Spiel ablassen werden. Erst gestern las ich in einem Forum als Reaktion auf ein neues Video etwas in der Richtung von "sieht ja toll aus. Schade, dass es niemals fertig wird". Selbstverständlich stellte sich nach einem kurzen Nachbohren heraus, dass der Autor wenig über den tatsächlichen Stand des Spiels wusste, das mit der Alpha 2.0 letzte Woche einen riesigen Schritt nach vorne getan hat.

Egal, was man von dem Finanzierungsmodell auch halten mag: Wenn es dann erschienen sein wird und wir uns alle darauf einigen, dass Star Citizen ungeachtet der Qualität des letztendlichen Spiels die Reise wert war, werden wir auf Alpha 2.0 als den Wendepunkt in der Entwicklung zurückblicken. Den Punkt, an dem plötzlich klar war, dass die häufig so hochtrabende Vision Chris Roberts' tatsächlich umsetzbar war. Ich hatte auf der Präsentation bei der gamescom schon genau diesen Gedanken. Das Gezeigte jetzt aber selbst nachspielen zu können - das ist einfach noch mal etwas Anderes.

Hier startet ihr das verbuggte, immer wieder abstürzende und durchweg schlecht performende Abenteuer Alpha. Und doch gehen einem immer wieder die Augen über.

Dabei muss man zügig vorwegschicken, dass bei diesem Titel Interessierte trotzdem besser noch abwarten sollten, denn wirklichen Spaß muss man in der Alpha 2.0 aktuell noch suchen. Technisch ist das alles einfach noch nicht ausgereift. Verbindungsprobleme, Abstürze, schlechte Server-Performance und mehr Bugs als man lange auf wenigen Metern Spiel verdichtet sah, machen die Teilnahme an dieser Probephase noch zu dem Geduldsspiel, das viele echte (Prä-)Alphas nun mal sind. Zwischen all diesen Problemen und Problemchen aber blitzt ein dermaßen schönes Juwel auf, dass einem schon mal die Augen feucht werden können. Es versprüht diese "Hier passiert etwas Großes"-Magie, die sich im Gamer-Leben nur eine Handvoll Mal einstellt. Vorzugsweise, wenn man meint, das Spiel vor sich zu haben, von dem man als kleines Kind immer geträumt hat.

Also: Was erlebt man, wenn man auf die Server kommt und das Spiel nicht nach einer Viertelstunde nicht wirklich flüssiger Flugaction abschmiert? Frei begehbare Raumstationen mit grundlegenden Chat-Funktionen. Ein Terminal, an dem man sein Schiff herbeibestellt und Luftschleusen, durch die man auf die Landeplattformen der gigantischen Station gelangt, die um den Gasriesen Crusader kreist. Darth-Vader-Atemgeräusche, als man in die Schwärze des luftleeren Universums heraustritt und schierer Unglauben, wenn man ein 50 Meter langes Constellation-Raumschiff mit drei Freunden bemannt und frei über ein Dutzend Ziele dieses Sonnensystems mit einem Fünftel Lichtgeschwindigkeit anfliegt. Viele verschiedene Kommunikationsrelais findet man - eigene kleine Stationen, die von Piraten deaktiviert wurden und deren Einschaltung euch in einer ersten Quest aufgetragen wird.

Star Citizen wird auch über eine Kampagne verfügen. In der Geschichte, die vermutlich nach Wing-Commander-Art strukturiert sein wird, spielen unter anderem Mark Hamill, Gary Oldman, Mark Strong und John Rhys-Davies mit.

Nähert euch auf wenige Metern den gewaltigen Sonnensegeln der realistisch vor sich hintreibenden Konstrukte, öffnet den Cockpit-Deckel oder die Laderampe und tretet schwerelos in den Raum hinaus, als wärt ihr Sandra Bullock in Gravity. Das Gefühl, tatsächlich im Weltraum zu sein, war noch in keinem Spiel derart überzeugend. Mit Luftstößen manövriert ihr ins Innere der Comms-Relais, treibt umher auf der Suche nach dem Terminal, an dem ihr die Funktionen der Anlage wieder hochfahrt. Der nahtlose Übergang zwischen Flug und schwerelosen Weltraumspaziergang ist einer der beeindruckendsten Moment der jüngeren Vergangenheit und vermittelt ein atemberaubendes Gefühl von Größe. Den eigenen Wingman zu eurer Sicherheit um die Station kreisen zu sehen, während ihr die Drecksarbeit erledigt, ist der Stoff, aus dem Science-Fiction-Fanträume sind.

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Verrichteter Dinge warten auf dem Weg nach draußen schon mal Piraten auf euch oder reiben gerade bereits euren Kumpel auf. Derartige Begegnungen sind aktuell noch geskriptete Elemente, keine Frage. Aber auch Zufallsbegegnungen mit feindlich gesinnten Schiffen gibt es schon jetzt. Und natürlich funken auch andere Spieler immer gerne dazwischen. Als ich zu einer anderen Raumstation mit funktionierender Schwerkraft flug, dort landete und im Inneren ein Sturmgewehr fand, bemerkte ich, dass man mir eine Falle gestellt hatte. Auf dem Weg zurück zum Schiff eröffnete ein Spieler, der es zweifellos auf meine "Connie" abgesehen hatte, direkt das Feuer auf mich, ein erster Vorgeschmack, auf den Ego-Shooter-Anteil. Fühlt sich eher nach Arma 3 an als nach Wolfenstein. Trotzdem gewann der Freibeuter und ich startete auf Port Olisar erneut. Nicht sauer, sondern um eine Erfahrung reicher.

Endliche Weiten. Anders als Elite: Dangerous wird das Star-Citizen-Universum Grenzen kennen.

Andere Missionen führen in die schönsten Asteroidenfelder, die man je sah. Hier werden die Vorteile eines auf vielen verschiedenen Schubdüsen basierenden Flugmodell schnell deutlich. Anders als in einem Wing Commander, das im Grunde ein Flugzeug im All simulierte, fliegt ihr hier auch aufwärts und seitwärts, wie schon Elite: Dangerous. Sich so durch Hindernisse zu schlängeln, die Grenzen auszuloten, die einem die G-Kräfte setzen, wenn dem Piloten mal wieder schwarz vor Augen wird, und das Tauziehen um die bessere Position in einem Dogfight - das alles vermittelt Rasanz und Gefahr.

Erneut, bevor hier alle direkt zum Online-Store von Roberts Space Industries abwandern: Der nächste Absturz, der nächste Grafikfehler oder die nächste Situation, in der der Spielcharakter unerklärlicher Weise irgendwo festhängt, ist immer direkt um die Ecke. Wer das hier backed, sollte das aus Vorfreude und Idealismus tun, nicht in der Erwartung, etwas zu bekommen, das man mit reinem Gewissen als "gut spielbar" bezeichnen könnte. Ganz so weit ist es noch nicht. Aber der Weg dorthin, der wirkt mit Alpha 2.0 auf einmal ein gutes Stück kürzer.

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Im Grunde ist die Alpha 2.0 der Machbarkeitsnachweis, den das Spiel genau jetzt, am Ende eines bewegten Jahres gebraucht hat. Die Basis steht und mit dem Video hier drüber ist auch klar, dass die versprochenen Planetenlandungen im Grunde nur noch Formsache sind, nach der sich Cloud Imperium auf Content und Politur konzentrieren kann.

101 Millionen Dollar flossen vonseiten der Backer bereits in das Projekt und natürlich fragt man sich bei solchen Zahlen, ob damit auch vernünftig umgegangen wird. Alpha 2.0 signalisiert nun: "Lasst das unsere Sorge sein. Wir arbeiten mit Hochdruck an dem Spiel, machen Fortschritte, ohne unsere Vision an die Leine zu nehmen." Mir scheint es mittlerweile ausgeschlossen, dass Star Citizen seinen Weg nicht bis zum Ende gehen wird. Das bedeutet noch lange nicht, dass es dann auch Spaß machen wird. Ihr wisst schon, jenes Element X, das sich auch bei gut gewählten Zutaten nicht zwangsläufig einstellen muss. Aber, und da wiederhole ich mich gerne, dieser Entwicklung zuzusehen und zu hören, das rechtfertigt für mich schon jetzt den Versuch. Und sei es nur als Zeichen an die Branche, wie sehr man Leute mit großen, unmöglich geglaubten Ideen für sich mobilisieren kann.

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Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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