Stell' dir vor, es ist Konsolenkrieg - und keiner geht hin! Was PS5 und Project Scarlett von Nintendos Switch lernen könnten
Aber wer will so ein Risiko gehen?
Nachdem sowohl Microsoft als auch Sony mittlerweile Wege gefunden haben, eine neue Konsole anzukündigen, ohne sie wirklich anzukündigen - spricht man halt einfach laissez-faire hier und da über grobe Details -, ist es fix: Wir werden eher früher als später sehr viel schlauer sein, wie sich die beiden großen Direktkonkurrenten die Zukunft vorstellen.
Wie sich abzeichnet: Nicht großartig anders als die Gegenwart. In erster Linie dominiert auch diese Zukunft der Gedanke an den Wettbewerb, der aus Sonys Sicht vor allem gegen Microsoft ausgefochten wird, was wohl keine Einbahnstraße ist. So sehr Wettbewerb jedoch aus wirtschaftlicher Sicht auch gut für den Kunden ist, habe ich langsam das Gefühl, dass er aus kreativer Sicht eher lähmt, weil man sich immer stärker am Gegenüber orientiert. Muss es denn ewig so weitergehen wie die letzten Generationen? Ich bin dem irgendwie müde - und die Nintendo Switch macht ziemlich deutlich warum.
Klar, es wird definitiv langsam Zeit für Nachfolger, dafür muss man nicht einmal in den Kalender schauen (nächstes Jahr hat diese Generation sieben Lenze auf dem Buckel), sondern nur einer PS4 Pro älteren Datums beim sommerlichen Klagegesang lauschen, oder sich ein bisschen durchs unfassbar träge Dashboard einer Xbox One klicken. Neue Geräte sind überfällig. Aber muss es zwei Mal das gleiche Gerät sein? Erste Fakten lassen ahnen, dass sich Xbox und PlayStation nie so nahe kamen wie in der kommenden Runde: SSD, Chips der gleichen Generation von AMD, Raytracing, Streaming und *seufz* 8K sind hüben wie drüben zentrale Schlagworte. Kein Zweifel, hier rennen zwei Konkurrenten schwerer gerüstet denn je ohne zu Bremsen aufeinander zu. In der Mitte wird's knallen, denn das hier ist immer mehr die Sorte Konflikt, in der man nicht gütlich auseinandergeht, egal welchen Kuschelton Phil Spencer auch anschlägt.
Vor allem aber bemerke ich an mir, dass mir diese Infos keine Befriedigung verschaffen. Hey, als begeisterter PC-Spieler freue ich mich genau wie jeder andere über mehr Leistung. Aber wenn nicht noch einer der beiden was aus dem Hut zieht, mit dem wir so nicht rechneten, befürchte ich, dass keines der Geräte mir abseits seiner Exklusivtitel etwas gibt, das ich sonst nirgends anders bekomme. Das reicht ja auch eigentlich schon, denn jeder von uns hat in dem Camp seiner Wahl sein gemütliches Zeltchen aufgestellt. Aber Gemütlichkeit und Spannung auf das, was da kommen mag, gehen selten Hand in Hand. Und nach allem, was man bislang hört, lässt die Next-Gen noch Vision und Leidenschaft für neue Möglichkeiten vermissen.
Dabei ist es vollkommen egal, wie sehr man im Scarlett-Ankündigungsvideo auch mit blumigen Worten um sich wirft. Es ist bezeichnend, wenn eine MS-Sprecherin gegen Ende des Videos sagt, es gehe um die Zukunft des Gamings, nur damit der nächste Befragte einen Schnitt später, als wäre es die zweite Satzhälfte, das Filmchen damit ausklingen lässt, dass Scarlett abwärtskompatibel ist. Es war sicher nicht so gemeint, aber für mich wirkt das weniger vorausschauend, sondern nur allzu sehr der Gegenwart verhaftet.
Zugegeben, am Ende machen so oder so die Spiele den Unterschied, daran besteht kein Zweifel. Der rasante Erfolg der Switch beweist aber, dass die Leute Lust auf neue Arten haben, mit ihren Spielen zu interagieren, Umbrüche in Kauf nehmen, die selbst den Formfaktor der Hardware drastisch beeinflussen (und nein, Streaming zählt für mich nicht). Nintendos Marken alleine reißen es nicht, denn dann wäre die Wii U kein geringerer Erfolg gewesen. Die Leute wollen komplett neue Ideen, die leider nicht auf Bäumen wachsen.
Ich bin mir bewusst, dass dieser Krieg wohl doch über die Jahre auf dem üblichen Weg zuende gekämpft wird und wir sind deshalb mittelfristig nicht unbedingt schlechter dran, bekommen weiter großartige und sicher auch wagemutige und innovative Erlebnisse. Aber ich bin nicht überzeugt, dass die Lagerbildung, wie sie sich aktuell immer weiter einzementiert (und angesichts der wachsenden Ähnlichkeiten der Geräte immer lächerlicher wird), das Best-Case-Szenario für das Medium im Ganzen darstellt. Bis ich etwas höre, das nicht nur den Tech-Head und Convenience-Freak in mir anspricht, sondern Mut zur Kante beweist, sind die Zeiten, in denen ich den Erscheinungstermin einer neuen Konsole als Feiertag im Kalender anstreiche und vorm Elektroladen mit grimmiger, meinen Platz in der Schlange markierender Miene darauf warte, dass die Türen aufgehen, erstmal vorbei.
Insofern: Sony, Microsoft: Lasst mich nicht hängen, macht's mal wieder spannend!