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Armed Assault

Flashpoint Inkognito

Großväter reden ja gerne vom Krieg. Ich bezeichne mich zwar auch als Rentner, gerate bei dem Thema jedoch weniger ins Schwelgen. Allerdings gibt es da eine kleine Ausnahme: Operation Flashpoint. Natürlich kann man die virtuellen Schlachten nicht wirklich mit echtem Kriegsgräuel vergleichen. Ich persönlich verhielt mich in Bohemia Interactives Simulation aber genau so, wie ich es wohl auch in Wirklichkeit täte: Feige im Gebüsch kauern und auf alles schießen, was vorbei läuft. Im Multiplayer habe ich meine Kameraden geopfert, um am Leben zu bleiben. „Geh doch mal da um die Ecke. Nein, da ist bestimmt kein Feind!“ Logisch, dass die arme Sau nach drei Schritten tot war. Während er also von allen Seiten perforiert wurde, hatte ich Gelegenheit, schnell im nächsten Busch zu verschwinden.

Wollt Ihr noch mehr über meine Kriegsverbrechen erfahren? Nein? Ich erzähl' trotzdem. Einmal schoss ich einem Mitstreiter unauffällig ins Bein. Nun konnte er auf der Flucht vor einer feindlichen Übermacht nicht mehr mit mir schritthalten. Seine jämmerlichen Hilferufe konnte ich aufgrund „technischer Störungen“ nicht hören. Mein Headset schien zufällig für kurze Zeit defekt zu sein. Im rettenden Gebüsch angekommen, zog ich mir das Elend aus sicherer Entfernung rein. Erst wurde mein Freund von einem Traktor angefahren. Jetzt kroch er ein wenig am Boden herum und beschimpfte mich als Kameradenschwein, während Kugeln auf ihn einprasselten. Ich antwortete: „Wo bist Du? Ich kann dich nur ganz schwer verstehen. Verdammt, wir müssen zusammenarbeiten! Deine ständigen Einzelgänger-Touren ersticken meine Teamplay-Versuche bereits im Keim!“ Jedenfalls fuhr danach ein Jeep über ihn drüber, was seinen Exitus zur Folge hatte. Ich blieb am Leben und hatte auch noch was zu lachen. Eine klassische Win-Win-Situation. Auch wenn Ihr es nicht glaubt, der Typ hat meine miesen Touren locker ein Jahr lang mitgemacht. Der einzige Grund, warum wir nicht mehr miteinander Operation Flashpoint zocken: Er hat geheiratet und spielt jetzt mit seiner immer dicker werdenden Frau World of Warcraft. Doch so leicht gebe ich nicht auf. Am 30. November erscheint Armed Assault. Quasi Bohemias „NextGen-Flashpoint“. Mein Plan: Ich werde ein Exemplar davon in seinem Briefkasten deponieren. Der Geizkragen installiert das Gratisspiel natürlich unter Garantie und dann habe ich ihn wieder in der Hand.

Willkommen in der Realität

Ein Fehler und schon ist der Ofen aus.

Einigen von Euch mögen die ersten beiden Absätze dieses Artikels wie eine Themaverfehlung anmuten. Aber genau das Gegenteil ist der Fall. Denn Armed Assault bietet exakt das gleiche, intensive Spielgefühl. Es erzeugt die selben Emotionen. Ist ja auch von den gleichen Entwicklern. Hätten sich Codemasters und Bohemia nicht getrennt, hieße das ganze wohl tatsächlich Operation Flashpoint 2. Im Gegensatz zu Call of Duty & Co mimt Ihr keinen Supersoldaten, der im Turbomodus über das Schlachtfeld fetzt und ganze Hundertschaften ausradiert. In keinem anderen Kriegsshooter fühlt Ihr Euch als Spieler so „machtlos“. Hier sind Soldaten kleine Zahnräder, die zu funktionieren haben - wie ein Eurogamer-Redakteur. Ein einziger Treffer kann das Aus bedeuten, Verletzungen der Gliedmaßen wirken sich entsprechend auf den Bewegungsapparat aus und sogar Euer Puls ist von Bedeutung. Wer dauernd sprintet, gerät außer Puste, das Herz schlägt wie verrückt und die Zielsicherheit leidet. Aus diesem Grund fühlt Ihr Euch nicht wirklich als Held, sondern eher wie eine arme Sau, die ums Überleben kämpft.

Das Szenario ist fiktiv, klingt aber realistisch. Ihr seid ein junger Rekrut, der seine Ausbildung auf der Insel Sahrani absolviert hat. Eigentlich sollte es nun nach Hause gehen, aber daraus wird dann leider doch nix. Der schwelende Konflikt zwischen Nord- und Süd-Sahrani gerät nämlich just in diesem Augenblick aus den Fugen. In der Stadt Corazol kommt es zu Auseinandersetzungen und wie es scheint, wollen die kommunistischen Nordmächte im Süden einmarschieren. Da die Amis gerne Weltpolizei spielen, streicht das Oberkommando Eure Heimreise und die Rettung Süd-Sahranis wird erstmal zu Eurem Lebensinhalt.

Panzer können natürlich von mehreren Soldaten bemannt werden.

Als Frischling habt Ihr zu Beginn lediglich Befehle zu befolgen, was gerade Einsteigern gelegen kommt. Über Funk erhält die Truppe Anweisungen vom KI-Anführer und so weiß jeder, was zu tun ist. Versuche, das Kampfgebiet auf eigene Faust zu säubern, entpuppen sich zumindest am Anfang als unklug. Denn entweder kassiert Ihr gleich eine Kugel oder der Kommandant weist Euch unfreundlich darauf hin, den Kopf einzuziehen. Ihr lernt also schon früh, dass Zusammenarbeit der einzige Schlüssel zum Erfolg ist. In den zwanzig Story-Missionen entwickelt sich aber nicht nur der Krieg weiter, sondern auch Eure Spielfigur. Mit zunehmender Dauer werdet Ihr mit immer wichtigeren Aufgaben betraut, was irgendwann zur Folge hat, dass Ihr über die Funktionstasten selber Befehle erteilen müsst. In Armed Assault wächst man also mit seiner Aufgabe. Zur richtigen Zeit die richtigen Anweisungen zu geben, ist da fast so wichtig, wie der zielsichere Umgang mit Schusswaffen.

Karten-Tricks

Vor jeder Schlacht solltet Ihr Euch Zeit nehmen, um die Karte zu studieren. Die gibt nicht nur über das Terrain selbst Aufschluss, sondern auch über Truppen, Missionsziele und strategisch wichtige Punkte. Wer bereits da die Augen offen hält und die grauen Zellen anstrengt, kann die Schlacht im Vorfeld zu seinen Gunsten beeinflussen. Benutzt Ihr Lufteinheiten? Rollt Ihr mit dem Panzer ein? Optionale Nebeneinsätze stehen hier außerdem zur Auswahl und wirken sich auf die Hauptmission aus. Macht Ihr zum Beispiel einen Versorgungskonvoi platt, stehen dem Feind später weniger Truppen zur Verfügung. Netterweise wird im Karten-Menü auch gleich erklärt, wie sich der „Sidequest“ auf die Hauptaufgabe auswirkt.

Dichter besiedelt

Die Steuerung der Vehikel ist wieder sehr anspruchsvoll.

Was gleich zu Beginn auffällt, sind die enormen Ausmaße des Kriegsschauplatzes. Ganze 400 Quadratkilometer umfasst die Insel Sahrani und im Gegensatz zu OFP, finden sich hier sogar richtige Städte und nicht bloß ein paar Mini-Dörfer. Viele Gebäude sind begehbar, was dem Ganzen mehr Würze und eine Menge taktischer Möglichkeiten verpasst. Ein vorsichtig aus dem Fenster schielender Scharfschütze kann da oft mehr bewirken als eine komplette Truppe, die mehr oder weniger schutzlos durch die Gassen schlendert. Waren entsprechende Passagen zum Beispiel schon in Ubisofts Ghost Recon Advanced Warfighter äußerst beklemmend, rutscht Euch das Herz hier erst recht in die Hose. Der abgelutschte Spruch „Der Feind lauert hinter jeder Ecke!“ war noch nie so treffend.

Die Grafik von Armed Assault ist ein zweischneidiges Schwert. Wobei ja eigentlich alles auf der Welt ein zweischneidiges Schwert ist. Sogar ein einschneidiges Schwert ist irgendwie zweischneidig, denn auf einer Seite schneidet es und auf der anderen Seite eben nicht. Wieso benutze ich die Redensart dann überhaupt? Keine Ahnung. Jedenfalls glänzt das Spiel mit einer grandiosen Weitsicht und die ist nicht bloß Fassade. Durch die dicken Ausmaße ergeben sich mehr spielerische Möglichkeit und das wusste man bereits bei OFP zu schätzen. Seite an Seite mit den Kameraden die feindliche Linie penetrieren? Zurückbleiben und aus sicherer Entfernung mit dem Sniper-Gewehr aufräumen? Oder lieber doch mit dem Heli reinfliegen? Ihr habt die Wahl. Logisch, dass die Fahrzeuge wieder Platz für mehrere Soldaten bieten. Einer steuert, die anderen bedienen die Bordgeschütze und so weiter. Aber zurück zur Grafik: Riesige Levels und eine gigantische Sichtweite gehen auf Kosten der Grafikdetails. In der Hinsicht kommt Armed Assault deshalb nicht ganz so fett rüber. Was aber nicht heißen soll, dass die Optik schlecht wäre. Manche Texturen sind halt aus der Nähe betrachtet etwas matschig, wie man auch auf den Screenshots gut sehen kann. Aber schon bei Operation Flashpoint nahm man solche Mankos gerne in Kauf. Viel wichtiger ist, dass die Mehrspieler-Modi richtig rocken und auch hier verspricht der Titel Großes. Über 100 Spieler können laut Bohemia an einer einzigen Online-Partie teilnehmen, was wahre Massenschlachten erlaubt. Neben obligatorischen Deathmatch- und CTF-Varianten, sollen sich in der Verkaufsversion aber auch ganz spezielle Multiplayer-Spielarten finden. Welche das sind, wird aber noch nicht verraten.

Armed Assault erscheint am 30. November. Ob wieder Jahre vergehen, bis man eine Konsolenversion nachschiebt?

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Über den Autor

Ahmet Iscitürk

Freier Redakteur

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