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Diablo 4 im Test - Alte Teufel brauchen keine neuen Tricks

Die alte Blutlust, gepaart mit Jahrzehnten an Erfahrung. Viel besser wird es nicht.

Diablo 4 gibt souverän den Genre-König: Hier wird nichts umgekrempelt, hier wird Diablo gespielt. Blutig, lootig und auf die beste Art routiniert.

Diablo 4. Allein der Name hallt schon ganz anders durch den Raum als so manche hochkarätige Fortsetzung. Ein Diablo kommt nur einmal jedes Jahrzehnt. Gibt nicht viele Franchises, die es dermaßen tiefenentspannt angehen lassen und dabei nicht mal ruhen. Diablo 2 wurde bis zu Diablo 3 und darüber hinaus gespielt. Diablo 3 ist immer noch aktiv, mit nicht kleinen Spielerzahlen. Dazu läuft die neue Version von Diablo 2. Nur der erste Teil hat sich doch weitestgehend zur Ruhe gesetzt. Obwohl, irgendwo gibt es sicher jemanden, der bis heute auf die PlayStation-Version schwört (Anmerkung Alex: Hier! Ich!).

Also, Legende schafft Erwartungshaltung, das musste auch Teil 3 damals auf die harte Tour lernen. „Bäh, zu bunt! Ist das überhaupt Diablo?“ Nun, wer das dieses Mal sagt, sollte vielleicht noch mal Teil 2 angucken. Was dunkle Dungeons angeht, geht die Saga um die Dämonin Lilith jetzt einen Schritt zurück. Hier gibt es mehr tropfende Blutaltäre als auf allen Metal-Covern der 80er zusammengenommen. Opferrituale kennt man hier in den Dörfern auch, dreimal die Woche zu festen Zeiten, danach Überraschungseintopf in der Schenke.

In die Hölle geht es nur alle 10 Jahre. (Diablo 4)

Hat all das Blut auch einen Sinn? Nun, ja, irgendwie, wenn auch nicht mehr als sonst. Diablo-üblich ist die Story jetzt nicht so sehr im Vordergrund, aber sie ist da und die Jagd auf Erzdämonin Lilith hat vereinzelt auch kleine Wendungen, die ich wohlwollend zur Kenntnis nahm. Will heißen, ich habe nicht so viele Zwischensequenzen weggedrückt. Für die Lore-Fans ist da natürlich viel mehr zu holen. Überall gibt es Hinweise auf altes Dämonen-Elend. Angefangen vom kurzen Traumwandeln in einem zerstörten Tristram, das sogar ich einzuordnen wusste, bis hin zu Namen und Andeutungen, die ich nur kurz googelte, um zu sehen, dass es Verweise sind. Waren sie, habe schon wieder vergessen, was es war, und werde es auch erst in zehn oder so Jahren zu Diablo 5 wieder nachgucken. Das, zusammen mit der soliden Handlung, gibt dem, für das wir eigentlich hier sind, mehr als genug Rahmen.

Und das ist natürlich tausende, nein, zehntausende Monster zu killen. Mobs auszulöschen, Bosse legen, wir kamen nie für die Story, wir kamen und blieben für die Monster. Und da zeigt sich dann auch, dass man sich all dem, was vorher kam, sehr bewusst ist. Die Bewegungen gehen nicht sofort ins Blut über. Das müssen sie nicht, denn sie haben den Kreislauf nie verlassen. Wer aus Diablo 3 kommt, muss sich nicht umstellen. Es fühlt sich vielleicht minimal langsamer an, wenn überhaupt und es hat nichts mit anderen, Tempo-orientierten Action-RPGs am Hut. Diablo 4 wird taktisch gespielt. Die eigenen Fertigkeiten zu kennen, blind die Cooldowns auf die richtige Zehntelsekunde auslösen und die Area-Effekte instinktiv deuten ist, vor allem auf den hohen World-Tiers, das, worauf es ankommt. Die Schritte, die man dabei gehen muss, die sind wie das Fahrradfahren. Wenn man es einmal kann, ist es eine unbewusste Fertigkeit, man macht es einfach. Hat sich nichts geändert, muss nicht neu trainiert werden.

Düsterer wurde es wieder. Das reicht von atmosphärisch düster bis hin zu was auch immer das ist. (Diablo 4)

Die Komplexität kommt nach wie vor aus dem Erkunden der richtigen Builds zur richtigen Zeit. Die Waffen finden, die diesen entgegenkommen. Das passiert nicht in den ersten 50 oder 70 Leveln, in denen man sich in den nächsten World-Tier vorarbeitet. Anfangs rennt man noch etwas kopflos in der großen Welt herum, ballert Pfeile, hackt umher oder lernt ganz vorsichtig, was es heißt, ein Necromancer zu sein. Die ersten Schritte durch einen langen Fertigkeitenbaum, die zum Glück nicht endgültig sind. Ich habe wie immer meist Rogue gespielt, den Barbar und Necro kurz angetestet und weiß jetzt schon, dass da so viel noch wartet, was ich auch nach zwei Dutzend Stunden noch vor mir habe. Ich freue mich unbändig darauf, endlich in Kürze mit euch zusammen dann in diese Welt zurückzukehren.

Einige alte Marotten bleiben natürlich, wie zum Beispiel die immer noch strikt zufällige Loot-Verteilung. Ich bin mir sicher, dass es Statistiken gibt, die das widerlegen, aber wenn ich in drei Stunden zwar acht Hosen, aber keinen neuen Bogen finde, bin ich mir einfach sicher, dass das Spiel mich hasst. Der Waffenhändler hat hohe Spielschulden und muss hoffnungslos überteuert verkaufen, also ignoriert man ihn außer zum Abladen des eigenen Mülls, den er netterweise für sieben Prozent oder so seiner eigenen Preise ankauft. Egal, das ganze Geld wird eh bei den Handwerkern gelassen, aber das auch erst, wenn Max-Level erreicht ist. Oder vielmehr, das Inventar wird geschreddert, um die Rohstoffe für die Upgrades zu haben.

Nicht nur die Welt ist größer, es gibt auch mehr Parcours. Okay, ihr klickt die Stelle an, wo der Charakter klettern soll. Aber immerhin. (Diablo 4)

Hm, ich beschreibe Diablo, ihr kennt das alles. Aber das ist auch der Punkt. Adel verpflichtet und Adel bindet, selbst ein zartes Umkrempeln war nie zu erwarten oder befürchten. Was also ist neu? Die Welt fühlt sich nun viel mehr nach einer solchen an. Diablo 1 war ein Dungeon, Diablo 2 ein Dungeon unter freiem Himmel und Diablo 3 war zwar schon etwas lebendiger, aber immer noch sehr Hub-fokussiert und in die Akte zersplittert. Diablo 4 nun gibt euch Sanctuary als Ganzes. Die Wüsten, Berge, Eisfelder und Wälder gehen fließen ineinander über. Das Gefühl einer großen Quest über die ganze Fantasy-Welt ist intensiver und erinnert zum Beispiel an Sacreds gute Anfangszeiten. Ich fühlte mich Sanctuary nun mehr verbunden, denn es ist nicht länger eine zersplitterte Level-Ansammlung.

Die Dungeons haben natürlich wieder das ganze Spektrum zu bieten. Vom einfachen Keller mit drei Untoten bis zur mehrstufigen unterirdischen Stadt ist alles dabei. Diese fallen nun auch durch die Bank klassisch düster mit unterschiedlichem regionalem Flair aus. Das Design der Dungeons wurde cleverer gelöst als noch in der Anfangsphase des dritten Teils. Hatte ich dort oft den Eindruck, dass in der Summe viel Backtracking nötig war, weil es lange Sackgassen gab, gibt es zwar in Diablo 4s Wegen viele Schlenker, aber sie landen irgendwie dann alle doch beim Boss. Sehr angenehm. Auch immer wieder kleine Einlagen wie Schlüssel zu finden, Gefangene zu befreien und Ähnliches lockern den Weg durch die Horden genau richtig auf. An jeder Ecke wird deutlich, dass hier Jahrzehnte an Erfahrung drinstecken. Ich überlegte immer wieder, was ich anders machen würde, was andere Spiele anders oder vielleicht sogar besser machten als Diablo 4, aber da fällt mir nicht so viel ein. Jedenfalls nicht beim Leveldesign.

World Tier 2 dürft ihr gleich anwählen, die anderen erreichen Leute wie ich nach ein oder zwei Wochen, Profis einen langen Tag nach dem Download. (Diablo 4)

Auch nicht bei den Bossen. Es geht ganz locker los, steigert sich dann über diverse Dämonen-Kategorien mit verschiedenen, immer intensiveren Kampfphasen hoch bis zu den Welt-Bossen, die ihr dann nur in Gruppen von 12 bekämpft, um überhaupt eine Chance zu haben. Diese sind nicht mit den kleinen Welt-Events zu vergleichen, die euch fast garantiert ein wenig Loot unterschieben. Bei den großen Bossen heißt es do or geh ohne Schatzkiste nach Hause, alles innerhalb eines harten Zeitlimits. Profi-Content ist also definitiv jetzt schon vorhanden. An diesem Punkt müsst ihr dann auch genau wissen, was bei welchem Effekt zu tun ist und all die Reflexe, Instinkte und durchdachten Builds müssen in die Arena gebracht werden. Die Balance bis in diese Königsklasse ist durchweg tadellos und auf World Tier 2 fühlte ich mich auch solo die meiste Zeit gut gefordert, ohne zu oft zu denken, dass das jetzt unfair war. Diablo 4 skaliert das auch gut, wenn ihr mit anderen zusammenspielt. Wiederum profitiert die Balance von den Jahrzehnten der Erfahrung. Sicher, Anpassungen wird es geben, ich gehe fest davon aus, dass innerhalb der ersten 24 Stunden die Hardcore-Diablos ihre Exploits und Killer-Builds finden werden. Aber dafür sind ja Patches da, das hält das Spiel frisch.

Nicht so frisch fühlt sich das Inventar an, aber auf eine gute Art. Wieder, wer aus Diablo kommt, muss bei Diablo 4 nicht neu lernen. Alles ist an seinem Platz, alles sieht aus, wie es aussehen soll. Schnell vergleicht ihr das neue Loot mit der Ausrüstung, gleicht Effekte ab, die euch vielleicht mehr helfen, sortiert schon mal für den nächsten Besuch beim Schmied vor. Ein schneller Blick auf die Karte und ihr seid zurück, knietief in Dämonenstückchen.

Die kleinen Welt-Events sind immer wieder eine nette Abwechslung und gut für ein wenig extra Loot. (Diablo 4)

Das Interface sitzt auf den Punkt. Zeigt, was es soll, wo es das soll, und kommt euch nie in die Quere oder buhlt gar um mehr Aufmerksamkeit, als es verdient. Ich fühle mich einfach pudelwohl in diesem Spiel und denke nie darüber nach, dass es ein Interface gibt. Das ist eigentlich das Beste, was ich über ein solches in einem solchen Spiel mit eigentlich vielen Objekten, Zahlen und Karten sagen kann. Okay, der Fertigkeitenbaum könnte übersichtlicher sein. Er ist okay und funktional genug, aber eine Vollbildansicht wäre schön gewesen, auch auf das Risiko, dass mich ein Monster überrascht, weil ich die Spielfläche des nicht pausierbaren Spiels nicht mehr sehe. Oder vielleicht habe ich die Vollbildsicht nur noch nicht gefunden. Wenn ihr sie findet, sagt Bescheid.

Der Koop hat sich seit dem dritten Teil schon bewährt. Auch Diablo 4 gibt sich alle Mühe und hält dank eines intelligenten Zooms alle Spieler im Blick. Was noch einmal die Frage aufwirft, warum ich solo nicht mehr Kontrolle über die Kamera habe, aber gut. Bleibt noch ein wenig Technik. An alle, die einen High-End-Mega-Look erwartet haben, warum auch immer: Politur, ein paar mehr wirklich wunderschöne Lichteffekte, aber lasst die weg und einer Switch-Umsetzung steht nicht so viel im Wege. Zugegen, Diablo 4 lässt mich mit dem Steam-Deck liebäugeln. Aktuell ist Teil 2 mein Couch-Diablo mit der Switch, aber das doch schon um einiges coolere Diablo 4 beim rumflezen auf dem Schoß zu haben… Nein. Widerstehe der Versuchung, Martin, Endgame in Teil 2 ist auch gut und kostet keine 600 Euro.

Bosse zuhauf, so wie es sein muss. Auch das Endgame gibt es jetzt schon einiges her, von speziellen Gegenden bis zu World-Bossen gibt es was zu tun. (Diablo 4)

Schließlich noch ein abschließendes Lob in Richtung Soundtrack. Die leicht depressive Fantasy-Atmosphäre ist einfach perfekt eingefangen, weit mehr als zuletzt bei Teil 3. Es ist Diablo 2 auf epischer Bandbreite, ohne aber billig episch in der Komposition zu sein. Denkt euch einfach Tristram, nur als 10-stündiges Werk, das alle Facetten auskundschaftet und euch nie auf den Keks geht. Und wenn es dann zur Sache geht, kann dieses Werk auch das. Das langsam hochspielende Crescendo hin zum Ende der Bosskämpfe verleitet einen geradezu zu Fehlern. Während man eigentlich eiskalt die Routine durchziehen sollte, von der man weiß, dass sie diesen Boss legen wird, merkt man, wie der Soundtrack einem an den Pad-Fingern zuckelt und sagt: „Komm, sei ein Held, riskiere es!“ Und dann stirbt man meist.

(Diablo 4)

Diablo 4 Test – Fazit

Der König ist zurück. Er hatte immer Anwärter, die gern den Thron-Räuber gespielt hätten und so gern ich viele von ihnen spielte, Diablo war bei aller Kritik und vorgeblich oder real enttäuschter Erwartungen am Ende immer sicher auf dem Sessel. Diese Erwartungen haben auch viel mit der über 20, bald 30 Jahren langen Geschichte der Reihe zu tun. Allein, dass eine Serie in dieser Zeit auf gerade mal 4 Spiele kommt und keine nennenswerten Spin-offs brauchte, um trotzdem über Dekaden hinweg aktiv gespielt zu werden, spricht Bände über das Erbe, das Diablo 4 jetzt antritt. Und alles spricht dafür, dass Diablo 4 diesem Anspruch gerecht wird.

Es ist sicher richtig, dass sich die wahren Qualitäten eines Dauerläufers nicht in der ersten Woche zeigen können. Diablo 3 entwickelte sich auch langsam, aber stetig, bis es seinen Flow fand und seine Spieler Woche um Woche zu fesseln wusste. Ob Diablo 4s Endgame das jetzt schon hergibt? Ja, vielleicht, keine echte Ahnung. Aber dann wiederum hatte ich jetzt schon länger mit Diablo 4 Spaß als mit vielen anderen ebenfalls hochklassigen Titeln und aufgehört habe ich nur, weil ein paar Tage vor dem Test hier die Server abgeschaltet wurden. Dementsprechend bewerte ich vor allem diese Zeit mit Diablo 4 und die war restlos überzeugend.

Natürlich muss gesagt werden, dass das Spiel die großen Umbrüche scheut wie der Teufel das Weihwasser, aber da habe ich auch kein Problem mit. Ich würde mich vielleicht beschweren, wenn ich nicht so viel Spaß mit Diablo 4 hätte. Ein Dungeon noch, eine Quest noch, nur noch einmal das neue Loot durchgehen, ach dahinten steht eine Kiste, die geht noch… Das ist schlimmer als nur eine Runde noch in Civilization. Insoweit hat Diablo nichts von seinem Reiz verloren, weil es das, was es sein möchte, perfekt abliefert. Diese Balance und felsenfeste Sicherheit in der Grundarchitektur des Action-RPG-Daseins hat sich die Reihe über Jahrzehnte hart erarbeitet und so ist es nicht nur verständlich, es ist das einzig Richtige, dass Diablo 4 genau darauf baut. Die Serie brachte Innovation und Umbruch, als das damals gebraucht wurde. Seitdem ist sie, was sie ist. Diablo. Der einzig wahre Teufel in der Action-RPG-Hölle.

Diablo 4
PROCONTRA
  • Jahrzehnte an Erfahrung zeigen sich in allen Bereichen
  • Ausgewogenes Balancing für Einsteiger und Pros
  • Gute Klassenaufteilung
  • Gelungenes Dungeon- und Boss-Design
  • Viele Fertigkeiten geben euch viele Build-Optionen
  • Große und nun deutlich kohärentere Spielwelt
  • Schöner und sehr viel düsterer Look, der mehr an frühe Diablos erinnert
  • Fantastischer, stimmungsvoller Soundtrack
  • Ist halt Diablo (falls ihr Diablo wolltet)
  • Mehr Kamera-Optionen wären schön
  • Story ist okay, aber wird keinen umhauen (war bei Diablo auch nie nötig)
  • Ist halt Diablo (falls ihr große Innovationen wolltet)

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