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Bloodborne - Der Beginn des wahren Zweiten Zeitalters der Videospiele

Eines Zeitalters mit Ladezeiten…

Die englischen Kollegen fragten gestern: Ist Bloodborne das beste Spiel überhaupt oder doch nur das zweitbeste? Gute Frage. Muss ich wählen?

Bloodborne ist nicht besser als Dark Souls. Und gleichzeitig ist es das doch. From Software hat es geschafft, etwas Eigenes zu basteln, das so nah an seinem Vorvorgänger dran ist und sich gleichzeitig so anders spielt. Beide Spiele stehen, je nachdem, wie man sich das vorstellen möchte, gemeinsam und in trauter Einigkeit auf dem Siegerpodest oder versuchen, sich gegenseitig herunterzuschubsen, um eben doch allein die Ehre einzuheimsen.

Erst einmal: Nein, ich bin noch nicht durch, ich bin nicht mal so weit wie Sebastian, der euch Freitag früh mit dem endgültigen Test beglücken wird. Aber weit genug, um ein paar Dinge über das Spiel festzustellen und auch das zu festigen, was sich in der Anspielrunde vor kurzem schon andeutete. Hier also ein paar der wichtigsten Unterschiede und Eindrücke.

Mit Grüßen des Testers: Da ich teilweise selbst noch nicht so weit bin und keine Ahnung habe, was ich da sehe, mich zu gleichen Teilen davor fürchte und ihm entgegenfiebere... Ich nenne diese Bilder einfach mal Impressionen aus Bloodborne.

In einem Punkt hat Bloodborne schon bei jedem verloren, der zuvor Dark Souls spielte. Ein paar Dinge kann man nur einmal im Leben auf eine bestimmte Weise erleben. Hier wäre das der Moment der Erkenntnis, wie brillant und elegant ein Level in sich selbst verschachtelt sein kann. Wer aus der Kathedrale der Untoten zurück zum Leuchtfeuer hochfährt und damit Stunden und gefühlt hundert Kilometer später eine solche Abkürzung freischaltet, der steht kurz staunend herum und verneigt sich innerlich vor den Designern. Ist Bloodborne euer Einstieg in die wilde Welt von From Software, dann steht euch dieser Moment auch in diesem Spiel bevor. Genießt ihn. Denn nur beim ersten Mal funktioniert es mit all der Wucht und auch wenn sie einen tadellosen Job abgeliefert haben gleichzuziehen, werden viele doch nur sagen „Ach, das ist ja wie in Dark Souls". Ein großes Kompliment, aber eben nicht mehr das baffe Erstaunen.

Bei der Technik lässt Bloodborne dagegen nichts aus. Die Animationen sind nicht nur gelungen, sie harmonieren perfekt mit dem Timing der Angriffe. Es gibt keinen Gegner, der sich nicht auf Sekundenbruchteile genau lesen lassen würde. Auch wenn mir und meinem nicht ganz so guten Timing das meist nur sagt, dass ich nicht mehr ausweichen, sondern den Treffer kassieren werde, das Spiel gab mit die Chance richtig zu reagieren. Schuld eigene. Der Detailgrad kann man manchmal ein wenig ablenken, aber wer will sich schon wirklich beschweren, dass ein Spiel mit einem gedachten Souls im Namen endlich mal nicht mehr wie eine technisch noch nicht ganz fertige Studie für ein herausragendes Design wirkt. Ihr könnt euch nun in einem großen, unheimlichen und auch noch auf seine eigene Art schönen Waldgebiet verirren, durch verschachtelte Schlösser und Kathedralen streifen, es ist ein bildschönes Spiel, das, wenn es Kompromisse eingehen musste, dies effektiv vor dem Spieler versteckt.

Aber wenn wir schon bei der Technik sind, so schön es aussieht und auch klingt, einen gewaltigen Schnitzer leistet es sich. Nach all den Stunden ist es der einzige, aber er ist einer, der leider auch nicht ignoriert werden kann und vor allem mit der Zeit nicht leichter zu verschmerzen wird. Nach dem Tod seht ihr für 30 Sekunden den Ladebildschirm. Eine halbe Minute. Immer wieder. Wenn ihr in das Hub-Gebiet des Hunter's Dream wechselt, um kurz die Ausrüstung zu sortieren, zu leveln oder einfach nur die Monster zum Farmen zurückzusetzen, sind es jedes Mal 15 bis 20 Sekunden. Die Ladezeiten sind ein Problem. Keine Ahnung, wann ich diesen Satz das letzte Mal schrieb, es ist eine Weile her. Aber das Spiel installiert nicht viel auf der Platte, auch der Performance verbessernde Day-One-Patch ist installiert, derzeit sind die Ladezeiten ein Problem. Manchmal ist es gar nicht schlecht, nach einem hektischen Kampf kurz durchzuatmen und zu reflektieren, aber das hätte ich auch gerne an der Laterne stehend tun können. Ich hoffe nur, dass hier noch mal nachgebessert wird.

Zurück zu den erfreulicheren Dingen. Das Kampfsystem ist bisher der größte spielerische Unterschied zu den Souls-Spielen. Viele Dinge haben hier neue Namen und einen neuen Look, tun aber letztlich nichts anderes. Der Kampf ist eine komplett anderes Biestigkeit, und zwar eine unglaublich schnelle und unvergebende. Ja, es gibt Schilde, aber es könnte genauso gut auch keine geben. Sie halten nichts ab oder auf, also weg damit. Souls spielte sich immer sehr langsam. Taktisches, ruhiges Vorgehen wurde belohnt, hektische Aktionen meist bestraft. Das ist im Grund nicht viel anders, nur dass das Taktische und Ruhige sehr viel schneller abläuft. Bei den Animationen deutete ich schon an, dass die Monster auch in Bloodborne verlässlich sind, aber sie sind schneller, oft in Gruppen unterwegs und ihre Angriffe sind nicht schwächer, nur weil sie fixer ausgeführt werden. Selbst ein normaler Feind erledigt euch in zwei Sekunden, solltet ihr euch nicht wehren. Er tut das in drei, wenn ihr euren Angriff schlecht ausführt. Vier, wenn ihr zwar gut trefft, aber seinen Kumpel zu eurer Seite vergessen habt.

Die gute Nachricht ist, dass dieses neue Tempo auch für euch gilt, und zwar komplett. Nicht nur seid ihr schneller und führt auch die Attacken entsprechend zügig aus, eure Ausdauer regeneriert sich viel schneller. Nach einer Sekunde seid ihr bereit für erste Aktionen, nach zwei Sekunden ist der Balken voll. Das Ergebnis ist ein Kampf, der für Außenstehende bei weitem nicht so eingeschlafen wirkt. Schläge werden im Sekundentakt ausgeführt und wer bisher ein überzeugter Schildkrieger war, sollte alles vergessen, was er über Bewegungen im Kampf weiß. Das oder er kommt hier eh nicht weit.

Ist das besser als Souls? Nein, es ist anders. Komplett anders. So weit, dass ich sagen würde, dass bei allen Ähnlichkeiten - und es sind viele - Bloodborne sich damit wirklich das Recht erwarb, sein eigenes Franchise zu sein, nicht nur ein Spiel, bei dem ein Teil des Namens vergessen wurde. Konnte ich bei Dark Souls nahtlos weitermachen, wo ich bei Demon's Souls aufhörte, bin ich hier seit Stunden dabei, neu zu lernen und zu entdecken, wie ich überleben kann. Die Routine, die sicher der eine oder andere bei Dark Souls 2 verspürte, flog komplett zum Fenster raus. Ich bewege mich wieder mit weit mehr Respekt durch diese Welt, nehme jeden neuen Gegner vorsichtig unter die Lupe, um dann mit schnellen Reflexen und gleichzeitig taktischen Geschick, das was mich dieser harte Umgebung lehrte, umzusetzen. Und wenn es dann doch mal wieder zur Laterne zurückgeht, habe ich etwas Neues gelernt, was mich beim nächsten Mal länger durchhalten lässt. Fast so wie beim ersten Mal damals in Demon's Souls.

Bevor ich mich in den nächsten Bosskampf stürze, noch eine Sache, von der ich nichts halte: das neue Heilsystem. Der erste Teil der Neuerungen hier ist brillant. Habt ihr einen Treffer kassiert, der euch nicht umbrachte, wird die Energie noch nicht gleich abgezogen. Durch Treffer eurerseits, die Sekunden später folgen müssen, wird dieser Teil wiederhergestellt, zumindest teilweise. Trifft eure Klinge also nur Sekundenbruchteile später, nehmt ihr deutlich weniger Schaden. Aber keine Angst, die Angriffe der Feinde kommen mitunter so schnell und unbarmherzig, dass es deswegen nie zu einfach wird. Es ist mehr eine Fairness, die dem neuen Tempo entgegenkommt und inhaltlich sogar erklärt wird.

Was mir dagegen sauer aufstößt, ist das neue Heiltranksystem. Ihr bekommt keine mehr automatisch, sondern findet sie und könnt sie sogar kaufen. Von der Balance ist das kein Problem, da die Zahl, die ihr dabei haben könnt, limitiert ist. Aber es heißt auch, dass ich nach dem ersten, verschwenderischen Gebiet später immer wieder mal farmen gehen muss, bevor ich da weitermache, wo es interessant ist. Das alte System war bequemer, intelligenter und von der Balance genauso gut. Vielleicht die einzige Neuerung, die nicht überzeugt.

Aber sonst? Bloodborne ist alles, was wir uns davon erhofften, und noch viel mehr. Das Spiel sieht gut aus, es hat sich das mystische Flair bewahrt, es ist brutal schnell und hart, dabei aber taktisch und klug entworfen, es ist monströs groß, verschachtelt und trotzdem ein Labyrinth, das einen Sinn und eine Bedeutung hat. Es ist der Anbeginn eines neuen Zeitalters. Die Historie der letzten Jahre sieht ungefähr so aus: Beginn der Zivilisation mit Demon's Souls, das erste Zeitalter mit Dark Souls, jetzt der Anbruch des zweiten Zeitalters mit Bloodborne. Dark Souls 2 war eine angenehme Streckung, aber letztlich war alles an Spielen dazwischen nur ein mal mehr, mal weniger halbherziger Zeitvertreib bis zu dem Tag, an dem der nächste Meilenstein gesetzt wird. Das ist jetzt mit Bloodborne geschehen. Freut euch also und spielet es, es wird ein Weilchen bis zum Anbruch des Dritten Zeitalters dauern.

So, jetzt würde ich gerne weiterspielen, aber das muss ich Sebastian überlassen, denn einer „muss" sich ja auch dem - so viel sei vorab verraten - herausragenden Pillars of Eternity widmen. Dass Bloodborne es schafft, so ein Vergnügen fast wie eine Bürde wirken zu lassen, sagt auch einiges aus...

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Martin Woger

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Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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