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Vergesst die 200 Millionen Dollar: Star Citizen ist plötzlich ein Spiel

22 Minuten voller Gründe, warum so viele das Projekt unterstützen.

200 Millionen Dollar in etwas über sechs Jahren und das Spiel ist ... immer noch nicht fertig. Kein Schelm, wer Böses dabei denkt. Vorwürfe, die Entwicklung sei längst unter der Last der immer neuen Features zusammengebrochen - zuletzt kam eine Face-Capturing-Technik dazu, die Gesichtsausdrücke und Lippenbewegungen der Spieler erfassen und an den Rest der Welt übermitteln soll -, sind nur verständlich. Und doch kommt dieser Eindruck vornehmlich von Leuten, die Star Citizen nur lose verfolgen.

Auch mir ist unheimlich, mit welcher Selbstverständlichkeit vor allem bestehende Unterstützer des Projekts immer neues Geld für frisch vom Stapel gelaufene Raumschiff-Designs ausgeben. Aber der Schnitt der durchschnittlichen Investition der fast 2,2 Millionen Backer liegt bei etwas über 90 Dollar. Meldungen über 10.000-Dollar-Pakete sind daher immer auch im Verhältnis und damit als das kaum verbreitetes Kuriosum zu sehen, das sie sind. In Zeiten von 100-Euro-Special-Editions leistet der Durchschnitts-Backer keinen allzu übertriebenen Preis, um dem Versprechen vom persönlichen Traumspiel eine Chance zu geben.

Besser parkt ihr auch nicht.

Und wenn die aktuelle Version 3.3.6, die jedem Unterstützer offen steht, ein Anzeichen ist, könnte es wirklich ein Traumspiel werden. In diesem Zustand ist Star Citizen zwar immer noch schwer verbuggt, viele Spielelemente, wie die Missionen und KI noch rudimentär, aber man bekommt definitiv das Gefühl, dass die Technik jetzt auf festen Füßen steht und Cloud Imperium Games jetzt ganz genau weiß, wo es mit dem Spiel hin will:

Cover image for YouTube video22 Minuten, die beweisen, dass Star Citizen auf einem guten Weg ist.

Besser noch: Wenn man das hier spielt, bekommt man selbst einen guten Eindruck davon, was Star Citizen wird, denn alle maßgeblichen Elemente sind an Ort und Stelle. Weit mehr als die Hälfte der irre detailliert ausgestalteten Raumschiffe kann man im PTU (Public Test Universe) bereits fliegen, unter anderem einige Multi-Crew-Monster wie den Hammerhead, der im Grunde eine fliegende Kanone ist. Nahtlos steigt man aus dem Cockpit aus, auch mitten im Nirgendwo, und wagt mit gezücktem Gewehr (alle möglichen Klassen von der Pistole bis zum Scharfschützengewehr sind vorhanden) einen Weltraumspaziergang in wunderbar simulierter Schwerelosigkeit - und wenn es nur ist, um sein teuer gekauftes Baby mal von außen zu streicheln.

Der Shooter hierin fühlt sich alles andere als schlecht und überraschend taktisch an. Seinen Astronauten mit diversen unterschiedlichen Rüstungen auszustatten, verleiht ihm Profil. Das Spiel mit je nach Planet unterschiedlicher Schwerkraft oder Feuergefechte im luftleeren Raum regen die Fantasie genauso an, wie auf einem x-beliebigen Mond auf dem Kamm eines Kraters zu landen (seht dazu auch das letzte Drittel des Videos oben!), einfach nur, weil der Ausblick so schön ist ...

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Das "Universum" ist zwar aktuell "nur" (dicke Anführungszeichen!) ein Sonnensystem mit diversen Planeten, Monden und Raumstationen, fühlt sich aber jetzt schon riesig an. Den ersten Start von der Raumstation Port Olisar vergisst man nie - genauso wenig wie den ersten Landeanflug auf die Mega-City Lorville auf dem Planeten Hurston oder den Gang durch ihren Weltraumhafen oder ihren heruntergekommenen Habitatsbereich. Hier schnuppert man schon einen Hauch der größenwahnsinnigen Zukunfts-Dystopie, wegen der sich alle Welt so auf Cyberpunk 2077 freut, auch wenn die NPCs noch regungslose Schaufensterpuppen sind. Das Gefühl, sich an einem echten Ort aufzuhalten, und dass Tausende andere Orte nur einen kurzen Flug entfernt sind, berauscht schon jetzt.

Und dann die vielen Kleinigkeiten: Bergbau ist bereits möglich, ein Questsystem lose implementiert, Passagiere fliegt man schon von A nach B und im Schiff auf jede Cockpitanzeige auch klicken zu können und damit die Systeme seines Kahns zu steuern, die Energieverwaltung zum Beispiel, lässt ahnen, dass ambitionierte Piloten hier endlos Luft - haha! - nach oben vorfinden werden.

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Und dann versagt mal wieder das UI und alle Zielmarker verschwinden, man kommt nicht in sein Raumschiff rein, weil die Zustiegsrampe eine Hand breit zu hoch über dem Boden ruht oder der Button zum Einstieg ins Cockpit einfach nicht auftauchen will. Alles vergeben und vergessen: Sobald man neben dem Wrack eines in zwei Teilen gebrochenen Luxusschiffs die Seitentür seines klapprigen Piratenschiffs aufmacht und die Luft aus dem Innern explosionsartig nach außen drängt, verschlägt es auch einem selbst den Atem.

Star Citizen ist immer noch längst nicht fertig. Aber es ist stramm auf Kurs. Ich habe immer noch keine Ahnung, ob das am Ende alles Spaß im klassischen Sinne machen wird. Problemlos möglich, dass am Ende vielleicht einfach die Dogfights keinen Spaß machen, die Missionen sich konservenartig zu sehr wiederholen, es zu viele Schiffe gibt, deren Rollen mit Hinblick auf das eigentliche Meta keinen Sinn ergeben oder die Spielbalance oder -ökonomie einfach der Horror sind. Aber Star Citizen bringt die Vorstellungskraft ins Galoppieren wie kein anderes Spiel, an das ich mich erinnern kann.

Die schönsten Planetenoberflächen im Business ...

Wing Commander 1 war das erste Spiel, das ich von meinem eigenen Geld gekauft habe und es hat mich, und was ich heute mache, mehr geprägt als jedes andere Videospiel. Wie zum Dank habe ich Star Citizen und Chris Roberts mit 120 Dollar unterstützt und weiß seit Alpha 3.3.6 wieder ganz genau, warum mir das ein Anliegen war: Damit sich jemand, der es wagt, sich an dieser Vision des ultimativen Weltraumspiels versuchen kann. Das war mir den Preis von zwei Games mehr als wert. Und Alpha 3.3.6 bestätigt mich darin, dass ich alles richtig gemacht habe.

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Über den Autor
Alexander Bohn-Elias Avatar

Alexander Bohn-Elias

Stellv. Chefredakteur

Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

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